
Die Jeunesse dorée lümmelt gelangweilt auf der Hollywoodschaukel. Ihre Mütter - Petra Morzé und Dunja Sowinetz als elegante Vorstadtweiber mit High Heels und Haarsprayfrisur - süffeln schon am Nachmittag Prosecco. Nichts regt sich in der gepflegten Reihenhaussiedlung, die auf der Bühne bis hin zum perfekt getrimmten Kunstrasen nachgebaut ist (Bühnenbild: Jura Gröschl). Plötzlich hört man schrundige Rockmusik. So beginnt die Uraufführung von Christine Nöstlingers "Lumpenloretta" in der Burg-Dependance Kasino. Ein Alt-Hippie mit hüftlangem Zopf zieht mit seiner Tochter in eines der Reihenhäuser ein - es ist, als würden Außerirdische in Biedermanns Idyll landen. Mit roter Zottelperücke und löchrigen Strümpfen passt dieses Mädchen aber so was von nicht in die Nachbarschaft. Sarah Viktoria Fricks Lumpenloretta ist wie Pippi Langstrumpfs kleine Schwester: Sie entwirft Ideen im Sekundentakt - mit einem grünen Müllsack verwandelt sie sich in das Wutmonster Hulk, dann steckt sie sich einen Putzschwamm ins Haar und wird zur Zirkusprinzessin. Kein Wunder, dass der stille Nachbarsbub (Simon Jensen) sich in dieses Energiebündel verliebt.
Doch die versierte Kinderbuchautorin Nöstlinger hat mit ihrem 2010 erschienen Roman mehr vor als eine romantische Amour fou der Vorstadt. "Lumpenloretta" nimmt Züge eines Brechtschen Lehrstücks an: Die Eltern lassen Loretta tagelang allein, sie hat nichts zu essen und eine Schule hat sie schon lange nicht mehr besucht. Lorettas Kindheit ist nicht wild-romantisch, sondern einfach nur einsam und verwahrlost. Als sie von der Jugendfürsorge abgeholt wird, versinkt ihr Freund im Liebeskummer, aber auch die zweistündige Aufführung hängt etwas durch. Die behutsame Regie von Martina Gredler stützt sich zu stark auf ihre Protagonistin, ohne Frick verliert die Aufführung für Kinder ab acht Jahren etwas an Dynamik.
Theater
Lumpenloretta
Kasino am Schwarzenbergplatz
Wh.: 27., 29., 30. Okt., 9., 21., 22., 23., 28., 29. Nov