Anfangs meint man, im Kino zu sitzen. Aber trotz einiger Filmeinblendungen wird in der Wiener Scala nicht der berühmte Streifen mit Curd Jürgens und Danny Kaye geboten, sondern das Theaterstück "Jacobowsky und der Oberst", die "Komödie einer Tragödie" von Franz Werfel.
Das 1944 uraufgeführte Stück schildert, wie während der Besetzung Frankreichs durch Hitler- Deutschland zwei gegensätzliche Charaktere von Paris an die Atlantikküste fliehen. Werfel weiß, wovon er schreibt, ihm ist damals selbst nur mit Mühe die Flucht aus Frankreich gelungen.
Vor schwarz-weißen Kulissen (Raum: Sam Madwar) hat Bruno Max ein Road-Movie besonderer Art straff inszeniert. Die für Werfel wichtige Szene mit dem Ewigen Juden und dem Heiligen Franziskus fiel auch hier, wie zumeist, den Kürzungen zum Opfer.
Das Stück bezieht seinen Reiz aus dem Aufeinanderprallen des auf Vernunft setzenden, höflichen, von Hermann J. Kogler sehr überzeugend gespielten Juden S. L. Jacobowsky mit dem aufbrausenden polnischen Haudegen und Antisemiten Stjerbinsky, dessen Repertoire an Gefühlsschwankungen Alexander Rossi gut im Griff hat. Als dessen Geliebte Marianne, in der sich Frankreich widerspiegelt, macht Martina Dähne - die sich bei der Premiere leider beim letzten Satz verhaspelte - gute Figur. Die Fluchtgruppe im Rothschild-Auto ergänzt trefflich der Szabuniewicz von Robert Stuc. Es gebe immer zwei Möglichkeiten, heißt es im Stück. Von der Möglichkeit, diese bis in die kleinsten Rollen gut besetzte Aufführung als sehenswert zu bezeichnen, macht der Kritiker gerne Gebrauch.