
Neues Design, neue Preisstatue - und natürlich neue Sieger: Der Hauptpreis des Österreichischen Kabarettpreises (gesponsert von HDI Versicherung, Stadt Wien, VOR-Magazin, Wiener Volkshochschulen und Grätzlhotel) geht heuer an Lukas Resetarits (aktuelles Programm: "70er - leben lassen). Den Förderpreis bekommt das Duo Antonia Stabinger und Ulrike Haidacher alias Flüsterzweieck ("Stabile Eskalation"), das mit feministischen Ansagen auf sich aufmerksam gemacht hat. Auch den Programmpreis bekommt ein Duo: Robert Blöchl und Roland Penzinger alias BlöZinger befassen sich in "Bis morgen" mit dem Altern. Der Sonderpreis geht an die Satirikerin Stefanie Sargnagel, die unter anderem die Letzte Wiener Lesebühne und die feministische Burschenschaft Hysteria gegründet hat. Dazu kommt ein Publikumspreis, für den bis 6. November auf www.kabarettpreis.at unter 13 TV-Comedy-Formaten abgestimmt werden kann. Gespon
Die "Wiener Zeitung" hat mit zwei Preisträgern, Resetarits und Sargnagel, über die wilden Siebziger, Feminismus und die FPÖ gesprochen.
"Wiener Zeitung": Mit Blick auf die heurigen Preisträger und ihre Programme könnte man sagen, der Kabarettpreis steht im Zeichen von Alter und Feminismus.
Stefanie Sargnagel: Ich habe das Gefühl, ich werde seit etwa einem Jahr generell auf feministische Themen reduziert. Aber ich habe ja noch viel mehr Themen. Sicher bin ich irgendwie feministisch, aber ich sehe mich nicht als feministische Aktivistin, sondern als Humoristin und Satirikerin.
Lukas Resetarits: Ich sehe mich auch nicht als grauen Wolf und Kämpfer für die Pensionisten, sondern ich bin nach wie vor Satiriker. Wenn ich mein Alter augenzwinkernd in den Programmtitel hineingenommen habe, heißt das nicht, dass das auch Programm ist. Sondern es geht um die Siebzigerjahre, die ein echtes Aufbruchsjahrzehnt waren, auch was die Frauenrechte betrifft, aber auch im Bildungsbereich. Es zahlt sich aus, diese Zeit und die heutige mit ihrem neoliberalen Wahnsinn und Populismus anzuschauen, da sollten einem die Augerln und die Ohren ein bisserl aufgehen. Darum geht es, nicht darum, dass ich alt bin.
Fühlen Sie sich eigentlich wie 70?
Resetarits: Es ist interessant: Ich gehöre zu einer Generation, die nicht gelernt hat, alt zu werden. Wir haben die Eltern und die ganze Zeit davor abgelehnt, dadurch hängen wir so in der Luft. Das ist schön, wenn man jung ist. Nur wenn man dann alt wird, ist man zwar innerlich jung, aber man fällt die Stiegen runter, weil man nicht mehr gehen kann. Der Körper ist das Problem.

Was unterscheidet die Feministinnen der 1970er von den heutigen?
Resetarits: Ich finde, sie haben heute mehr Witz, im Sinne von Geist, Esprit, Schmäh. Das ist weit wirksamer als dieser sehr stark theoretisierende und ernsthafte 70er-Feminismus. Früher war viel mehr Druck da, dadurch war das Ganze eingeengt und hat oft auch sehr aggressiv gewirkt. Mein Problem damals war auch, dass sich der Feminismus auf einem höheren Bildungsniveau abgespielt hat, wo die kleine Supermarktkassiererin ausgeschlossen war. Das hat sich weiter geöffnet.
Sargnagel: Früher gab es sehr viel greifbarere gesellschaftliche Missstände. Da hat der Feminismus andere Leute erreicht. Heute geht es eher um Sprache und um nicht so greifbare Dinge wie Lohngleichheit oder Abtreibungsrecht. Meine Mutter zum Beispiel konnte damit etwas anfangen, aber mit heutigen Queer-Diskussionen weniger.
Ist das heute also eher schon die Kür nach der Pflicht?
Sargnagel: Ich glaube, die Dinge sind subtiler geworden. Es gibt so Pseudo-Gleichstellungen, auch in den Beziehungen. Es sind heute mehr abstrakte Dinge im Vergleich zu früher.
Resetarits: Damals hat es einen Nachholbedarf gegeben. Das Problem heute ist, dass es sich noch einmal spaltet: in die erwähnte, differenzierte, feine Geschichte und in diesen vor allem im Journalismus vorkommenden klischeehaften Auszähl-Feminismus nach dem Motto: Jetzt hat wieder ein Mann den Kabarettpreis gewonnen. Das wird dann aber dem Gewinner vorgeworfen.
Sargnagel: Ich muss dazusagen, dass ich mich mit aggressivem Haudrauf-Feminismus mehr identifizieren kann. Es macht ja auch mehr Spaß, die Weltherschaft einzufordern, als sich immer nur mit der eigenen Diskriminierung zu beschäftigen. Zum Beispiel ist die Burschenschaft Hysteria nicht feministisch, sondern chauvinistisch. Und wir haben keine 50-Prozent-Frauenquote, sondern 100 Prozent.

Resetarits: Um nicht missverstanden zu werden: Neben der feinen Klinge ist die grobe auch wichtig - aber mit Witz! Diskussionen alleine haben sich über die Jahrzehnte als wenig wirkungsvoll erwiesen. Und es ist ja auch schön, wenn man alte, verbohrte Trottel zum Schäumen bringt.
Frau Sargnagel, Sie haben im März die "Kronen Zeitung" zum Schäumen gebracht mit Ihrem satirischen Reisetagebuch, in dem Sie fiktiv Babykatzen getreten haben. War die Provokation geplant?
Sargnagel: Manchmal bin ich selbst überrascht, wie sehr manches überhaupt noch provoziert. Ich schreibe ja schon lange satirische Bücher, aber ich war lange nur in einer gewissen Subkultur bekannt. Wobei das aus meiner Sicht ein Pseudo-Aufreger war, weil im Text noch viel ärgere Sachen gestanden sind. Ich habe das Gefühl, da wurde gezielt etwas gesucht, um mich anzugehen. Das Reisetagebuch war damals ja auch schon einen Monat alt, aber am Vortag war die Hysteria beim WKR-Ball, also war das womöglich auch ein Zusammenspiel zwischen FPÖ und "Krone", um mehr Klick-Zahlen zu generieren.