
Wenn so etwas wie eine Lebensrolle existiert, wäre es für Klaus Maria Brandauer Hamlet. Eine dauerhafte Geschichte verbindet den Schauspieler mit Shakespeares rätselhafter Bühnenfigur. Schenkt man einer Anekdote Glauben, fand Brandauer in jugendlichem Alter auf dem Dachboden seines Elternhauses ein signalgelbes "Hamlet"-Reclam-Heft. Für Klaus Steng, den Buben aus Altaussee, der sich später Klaus Maria Brandauer nennen sollte, die erste Begegnung mit dem Text, wohl mit dem Theater überhaupt. Nicht überliefert ist, ob bereits damals Brandauers lebenslange Faszination für Bühne, Drama und Poesie geweckt wurde.
Auf die Bühne zog es ihn jedenfalls bald mit Macht, sein enormes Talent blieb nicht verborgen: Die Schauspielausbildung brach er jedoch ab, erste Engagements in der Provinz folgten, bald war er erstmals im Gespräch für die Rolle des Hamlet: "Ich war 21 Jahre alt, eineinhalb Jahre am Theater, aber so viel wusste ich schon", schreibt Brandauer in seiner Autobiografie "Bleiben tu ich mir nicht": "Hamlet mit 21 in Salzburg ist gut, Hamlet mit 23 in Düsseldorf ist besser." So wurde vorerst nichts aus dem Dänenprinzen, dafür ging es auf nach Düsseldorf. 1968 folgte die Theaterstation Wien, bereits mit Ehefrau Karin und Sohn Christian. In kürzester Zeit spielte sich Brandauer vom Kellertheater in den Burgtheater-Himmel hoch.
Hamlet vertraglich gesichert

Wieder ging es (unter Burg-Direktor Gerhard Klingenberg) dabei um "Hamlet", angeblich hatte sich der Jungstar die Rolle sogar schriftlich zusichern lassen. 1978 scheiterte das Vorhaben - allerdings in Hamburg - an einem Zerwürfnis. Die Proben hatten bereits begonnen, als Brandauer sich mit Regisseur Hans Neuenfels überwarf und ausstieg: Das Prinzip Regietheater prallte damals bereits unversöhnlich auf die Idee reinen Schauspielertheaters. Ein ästhetischer Grundkonflikt, den Brandauer im Lauf seiner über 50-jährigen Bühnenkarriere häufig ausfocht. Nicht zuletzt seine rigorose Ablehnung des Regietheaters trug ihm den Ruf eines kolossal Schwierigen ein. Brandauer lässt sich bis heute nur auf Projekte ein, wenn er davon voll und ganz davon überzeugt ist. Halbe Sachen gibt es nicht, Theater ist für Brandauer Arbeits- und Lebenselixier. Besonders, wenn es um "Hamlet" geht.
Am 21. Dezember 1985 war es so weit. Brandauer spielt "Hamlet", genauer: ist Hamlet. Auf die Premiere hatte Wien lange warten müssen. Der letzte "Hamlet" an der Burg stammte aus 1947, mit Albin Skoda in der Titelrolle. Eine Neusichtung war also an der Zeit, und dass Brandauer diese in Wien vornahm, war nur folgerichtig.