Michael Laurenz begeisterte als Josef K. - © Salzburger Festspiele
Michael Laurenz begeisterte als Josef K. - © Salzburger Festspiele

Was für Neue Musik, was für neue Opern wären herausgekommen, hätte Gottfried von Einem, ab 1948 Direktionsmitglied der Salzburger Festspiele, tatsächlich Brecht ins Boot holen dürfen? Die prägnanten Szenen in Einems Oper "Der Prozess", die Partitur, aus der es immer wieder unverhohlen jazzelt - unwillkürlich drängt sich der Vergleich mit dem Musiktheater von Brecht/Weill auf.

Einem musste 1951 ob der "Affäre Brecht" in Salzburg den Hut nehmen. So abgrundtief der Komponist in Salzburg in Ungnade gefallen war, konnte "Der Prozess" doch 1953 bei den Festspielen uraufgeführt werden. Ein Schelm, der Zusammenhänge erkennen will zwischen den "kafkaesken" politischen Querelen rund um Einem/Brecht und der Entscheidung des Komponisten just in dieser Zeit für diesen Stoff. Mit Josef K., dem der Prozess gemacht wird wegen unausgesprochener Dinge, von einem Gericht, das seine Absichten verschweigt, geschweige denn seine Ideologie preisgibt, sind wir eindeutig auch in der politischen Jetztzeit angelangt.

Wiedererwecken muss man die Musik nicht, sie lebt. Das zeigte die Aufführung in der Felsenreitschule durch das ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter H. K. Gruber nachdrücklich. Kaum in einer anderen Oper wird so viel auf einen Ton gesungen. Den Protagonisten wird äußerste deklamatorische Präzision abverlangt, es ist eigentlich Sprechtheater mit anderen Mitteln.

Michael Laurenz ist Josef K., ein Sänger, der auch in rhythmisch kniffligsten Passagen keine Abstriche an tenoraler Strahlkraft zu machen braucht. Ilse Eerens singt die Rollen der jungen Frauen in Personalunion. Es bleibt offen, ob ihre Avancen aufrichtig sind oder ob sie undercover dem System-Moloch zuarbeiten. Die vielen Mehrfachrollen machen in dem Werk deutlich, von wie vielen Seiten Gefahr lauert in diesem faulen, aber betriebsamen und wortgewandten Schweigestaat.