
(irr) Ein schlechter Abend für Blumenwerfer: Der erste Strauß, zur Halbzeit in Richtung Sopran geschleudert, schlägt im Orchester auf; der zweite Bund, eine Stunde später abgeschossen, droht den Tenor in der Leibesmitte zu treffen. Doch der Mann besitzt Geistesgegenwart, fängt das florale Geschoß auf und verehrt es mit einem Knicks seiner Bühnenpartnerin.
Überhaupt viel Vitalität auf der Bühne: Die Volksoper hat am Samstag die Puccini-Einakter "Der Mantel" und "Gianni Schicchi" wieder aufgenommen und das Publikum am Ende mit einem Gefühl der Beschwingtheit entlassen.
Das ist in erster Linie "Schicchi" selbst zuzuschreiben, dem wohl Heitersten, was die Opernwelt zu bieten hat. Doch auch "Der Mantel", gewissermaßen der grimmige Gegenpart mit einer Gräueltat am Hafen, entfaltet Sogwirkung. Verantwortlich dafür ist hier Lorenz C. Aichner, einer der vier Kapellmeister des Hauses. Er lässt den Klang anfangs ähnlich wolkig schweben wie in der Musik von Claude Debussys (1918 gewissermaßen der Influencer von Giacomo Puccini), später steigert er das Orchester zu massiver Wucht - mit ein paar Fortissimo-Gipfeln zu viel gegen Ende. Die Sänger erreichen insgesamt ein solides Niveau, Boaz Daniel überragt es mit seiner kultivierten Klangfülle als Kapitän.
Kraftzentrum des "Schicchi" ist Titelheld Martin Winkler: Gewohnt schalkhaft und schallkräftig verkörpert er den Schlaukopf, der im Gewand eines Toten eine Erbschleichersippe zum Erfolg führen soll. Wie urwienerisch Winkler dabei näselt (die Volksoper spielt wie immer auf Deutsch) und sich im Saft seines Klamauks aalt, qualifiziert ihn fast schon zum Mariandl im "Rosenkavalier". Das tut der Heiterkeit freilich ebenso wenig Abbruch wie die Regie von Robert Meyer: Gepfercht in ein Holz-Sterbezimmer, besteht sie vor allem in einem Dauergebot zur Quirligkeit, das artig umgesetzt wird. Zuletzt Beifall für die respektablen Töne von Rebecca Nelsen als Schicchi-Tochter und Szabolcs Brickner als ihr Gespons, vor allem aber für den Farceur im Leichengewand.