Franz Jägerstätter stand selbst bei schärfstem Gegenwind zu seiner Überzeugung und hat diese Haltung mit dem Leben bezahlt. Darüber ein Drama zu drehen, das sich in die Denkweise und Gefühlsebene seiner Protagonisten einschleicht und von dort dem Zuschauer ganz unmittelbar berichtet, ist ein großes Kunststück, das Terrence Malick mit "Ein verborgenes Leben" vollends geglückt ist.

August Diehl spielt diesen Franz Jägerstätter, mit großer Intensität und zugleich einer bewundernswert stoischen Ruhe. Seine Frau Fanni, ebenso intensiv wie schmerzerfüllt und sehnsüchtig dargestellt von Valerie Pachner, und seine Kinder leben gemeinsam am kleinen Hof in St. Radegund in Oberösterreich; die Idylle könnte größer nicht sein, das einfache Leben vor einer traumhaften Bergkulisse schreit nach den weitwinkeligen Bildern, die Malick so gerne einsetzt, seit er "A Tree of Life" (2011) gedreht hat. Die Abgeschiedenheit von Jägerstätters Hof täuscht; selbst bis hierher dringt das NS-Regime vor, und Jägerstätter wird 1943 zum Dienst mit der Waffe eingezogen. Doch der Bauer weigert sich, weil die Waffengewalt in völliger Opposition zu seinem tief christlichen Weltbild steht und er niemals in der Lage wäre, einen Menschen zu töten.

Haltung bewahren

Diese Einstellung stößt auf völliges Unverständnis des Bürgermeisters (Karl Markovics), und auch die örtliche Kirche (als Pfarrer zu sehen: Tobias Moretti) ist wegen Hitlers Schergen vorsichtig geworden. Jägerstätter sieht sich von ihr in seinem Glauben an Gott nicht mehr repräsentiert. Seine Weigerung besiegelt jedoch sein Schicksal, denn sie wird als Wehrdienstzersetzung gewertet: Jägerstätter wird inhaftiert und schwer gefoltert. Seine Familie wird im Dorf geächtet, während er weiter standhaft seine Haltung vertritt und keinen Millimeter davon abrückt. Schließlich wird er von einem Richter (Bruno Ganz in einer seiner letzten Rollen) verurteilt und hingerichtet.

"Ein verborgenes Leben" fußt auf der Biografie "Er folgte seinem Gewissen. Das einsame Zeugnis des Franz Jägerstätters" von Gordon Zahn. Malick erzählt in drei Stunden das Martyrium dieses Mannes und seiner Familie nach, und es ist ein emotional packend erzählter Leidensweg, weil er das Innenleben der Protagonisten sichtbar macht. Franz und Fanni, ein junges Paar, zufrieden mit dem Wenigen, was man zum Leben braucht, zwei Menschen, die sich ganz augenscheinlich nach einander verzehren, eine Liebe, die zwei Kinder brachte und die schier endlos scheint. Die rastlose, aber stets elegante Kamera ist immer auf Augenhöhe mit den Protagonisten, ein Schwebezustand, philosophisch angereichert mit sehr viel Off-Text, in dem es um das Leben, die Liebe und den Glauben geht.

Schlicht atemberaubend

Es ist eine visuelle Umsetzung, die die Gefühle herausarbeitet, eingebettet in ein optisches Kunstwerk, das mit Postkartenidyllen ebenso spielt wie mit dem Schildern der Einfachheit bäuerlichen Lebens; die Bilder im Zusammenspiel mit der überragenden Leistung von Pachner und Diehl sind schlicht atemberaubend.

Malick, der in weiteren Rollen außerdem Johannes Krisch, Matthias Schoenaerts, Ulrich Matthes Maria Simon und Franz Rogowski besetzte, verfolgt mit der Geschichte einen durchaus aktuellen Ansatz rund um Haltung und gegen Mitläufertum: Er zeigt die komplexe Verquickung gesellschaftlicher Mechanismen auf, die die Politik und den Glauben determinieren. Kein Thema dominiert unsere Tage mehr als dieses. Es geht auch darum, wie sehr man sich selbst vertraut, wie sehr man auf das eigene Bauchgefühl hört und wie wichtig es ist, Strömungen zu hinterfragen, anstatt sich in ihnen treiben zu lassen.

Malick erzählt präzise und durchdacht, die Off-Kommentare werden dominiert von den Briefwechseln zwischen Jägerstätter und seiner Frau, was diesem Erzählkonzept einen dramaturgischen Sinn gibt und sich daher vom monologartigen, oft ziellosen Erzählen der letzten Malick-Filme abhebt. Auf Bilder des Krieges verzichtet der Regisseur vollends. Er zeigt damit vor allem, dass das Grauen eines Krieges nicht nur auf den Schlachtfeldern passiert, sondern vielfach auch in der Idylle der Heimat, gleich vor der eigenen Haustür.