Zürich. Die Schweiz zeigt gerne, was sie hat: Ob das nun Käse, Schokolade oder Fondue ist, das Schweizer Messer, filigrane Uhrwerke oder die solide dastehende Bankenwelt - bei den Eidgenossen gibt es keine halben Sachen, sondern vielmehr: in der langen Tradition perfektionierte Handarbeit von bester Qualität.

Dass dieses Klischee nicht auf alles zutrifft, mag sein, wohl aber auf das Zurich Film Festival (ZFF), das heuer bereits zum 17. Mal über die Bühne geht und am Sonntag endet. Hier brauchte es die gut anderthalb Jahrzehnte an Erfahrung, um das von Beginn an als großes A-Festival konzipierte Event bis ins Detail zu perfektionieren. Das ist jetzt der Fall, und gar nichts wird dem Zufall überlassen, wie bei allen Schweizer Vorzeigeprojekten.

Die Gäste - Stars, aber auch Journalisten - werden vom festivaleigenen Limousinenservice bei der Ankunft in Zürich abgeholt. "Man will den Gästen das Gefühl geben, dass man sich wirklich um sie kümmert", sagt der Fahrer. "Wir alle hier, die Fahrer, die Kartenbilleteure, die Mitarbeiter, machen diesen Job nicht des Geldes wegen, sondern, weil wir für das Kino brennen und es unendlich lieben." Berührende Worte für ankommende Gäste, die im Elektro-SUV zweimal um den Hauptbahnhof zum Hotel kutschiert werden. Und man glaubt dem Fahrer jedes Wort; er strahlt Vertrauenswürdigkeit aus, das ist eine ganz wichtige Schweizer Eigenschaft.

Festivalchef Christian Jungen, vormals Journalist bei der "NZZ", hat den Charakter der Filmschau angepasst. Früher hetzte man den Weltpremieren hinterher, doch dieses Rennen gewinnt Venedig vor Cannes, Toronto und Berlin. Hier also die Highlights dieser Filmschauen zu versammeln, macht den Braten für hiesige Filmfans fetter, aber natürlich die internationale Bedeutung des ZFF kleiner.

Preis für Sharon Stone

Also korrigiert Jungen das mit Preisen wie dem Golden Icon Award, den er heuer US-Ikone Sharon Stone überreichte. Die genoss sichtlich den Rummel um ihre Person am grünen Teppich von Zürich. Grün ist der Teppich, weil man sich abheben muss vom Rest der Festivals, und auch der Öko-Gedanke spielt da kräftig mit.

Paolo Sorrentino, mit seinem Film "Die Hand Gottes" soeben in Venedig mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet, erhielt den "A Tribute to... Award" und kam persönlich. Sorrentino und Stone hielten auch ausführliche Publikumsgespräche, was sich hier großer Beliebtheit erfreut und die Distanz zwischen Star und Zuschauer angenehm reduziert, das ist überhaupt ein Merkmal des ZFF. Und dann zeichnet man auch die Künstler hinter den Kulissen aus, etwa den kanadischen Filmkomponisten Mychael Danna, passend zu der Filmmusikkonferenz "SoundTrack_Zurich", die davor stattfand. Ein "Tag des Züricher Films" führte die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung des Filmschaffens für Stadt und Kanton vor Augen. Und Gala-Premieren wie jene zur österreichischen Produktion "Klammer - Chasing the Line" über Franz Klammers Olympia-Sieg 1976 (die "Wiener Zeitung" berichtete) oder die Vorpremiere des neuen Bond-Films sorgten für großes Medienecho. Eine Strategie, die der bunten Filmbranche zwischen Kunst und Kommerz huldigt. Das wäre auch für manches heimische Filmfestival ein denkbares Rezept.