Debatten über zu wenig vorhandene Fördermittel für den österreichischen Film gehören zur Diagonale wie die Mur-Insel zu Graz. Weshalb auch heuer eine solche Veranstaltung stattfand, bei der die Filmbranche ihre Forderungen an die Politik formulierte. Oder besser: In drastische Worte fasste, denn: Die wichtige Finanzierungssäule "Filmstandort Austria" (FISA), die heimische Produktionen mitfinanziert, indem getätigte Ausgaben zu 25 Prozent rückerstattet werden, hat mit Ende März bereits ihr gesamtes Förderbudget 2022 ausgeschöpft. Darauf wurde in Graz am Samstag mit Leidenschaft aufmerksam gemacht. Denn versiegt die Geldquelle bei FISA, drohe ein Produktionsstopp für etliche heimische Filme, die meist schon beinahe ausfinanziert, aber auf die Gelder von FISA angewiesen sind. Betroffen wären bis zu 20 Produktionen, das wäre mehr als die Hälfte der heimischen Jahresproduktion. Die Branche ortet schon einen "Kahlschlag" in den eigenen Reihen, wenn durch den Produktionsstopp viele Produzenten Jobs streichen und Projekte vertagen müssten. Produzent Dieter Pochlatko: "Österreich verfügt im Grunde über eine gute Förderlandschaft, die sich auch ergänzt. Nun stehen wir vor der Situation, dass einem essentiellen Fördergeber das Geld ausgeht. Die FISA, angesiedelt beim Wirtschaftsministerium, ist ein audiovisueller Botschafter für unser Land. Als automatischer Fördermechanismus finanziert FISA bis zu 25 Prozent des Gesamtvolumens des jeweiligen Filmbudgets. Nun stehen wir vor der Situation, dass neue Projekte stillstehen."
Die Auswirkungen der Situation würden nicht sofort sichtbar, aber in einiger Zeit, sagt Regisseurin Marie Kreutzer, die gerade an der Fertigstellung ihrer "Sissi"-Version "Corsage" arbeitet. "Der Prozess des Filmemachens geht über viele Jahre. Sollte diese Finanzierung wegfallen, dann steht eine ganze Berufsgruppe vor dem Nichts", so Kreutzer. "Und ab dem nächsten Jahr wird sich die Situation im Festival- und Kinobetrieb niederschlagen. Die Marke des österreichischen Films wäre international nicht mehr vertreten. Es würde eine Schieflage entstehen, die über Jahre zu Arbeitslosigkeit in der Branche führt."
Die Folgen zögen weite Kreise, wie auch Schauspielerin Verena Altenberger in ihrer Eigenschaft als Präsidentin der Akademie des Österreichischen Films betonte: "Es geht nicht um kreatives Nice to have. Es handelt sich um 6000 Unternehmen und 15000 Beschäftigte mit einer kreativen wie wirtschaftlichen Bedeutung. Jetzt ist schnelles und konsequentes Handeln notwendig". Und Produzent Alexander Dumreicher-Ivanceanu, der auch Obmann des Fachverbands der Film- und Musikwirtschaft der Wirtschaftskammer Österreich ist, hat auch schon die Lösung parat: "Nur eine sofortige und unbürokratische Aufstockung der Mittel kann zur kurzfristigen Lösung des FISA-Problems führen". Langfristig müsste auch über neue Modelle der Förderung nachgedacht werden, findet die Branche. In den Schubladen liegen fertige Konzepte zu Tax Incentives, also steuerlichen Anreizen für private Geldgeber, die in Filmproduktionen investieren. Solche Modelle gibt es in etlichen europäischen Ländern bereits seit längerem. Auch im Koalitionsabkommen der Bundesregierung ist ein Anreizmodell bereits verankert.
Mit viel Enthusiasmus formuliert Verena Altenberger, was derzeit für die Filmbranche auf dem Spiel stehe: "Der österreichische Film ist eine Weltmarke und diese ist nun bedroht, da kein Geld mehr zur Verfügung steht. Ich rede hier nicht nur von all den Kreativen sondern insbesondere von einem relevanten Wirtschaftsfaktor mit 2,5 Milliarden Umsatz."
Fortschritte gibt es inzwischen bei den politischen Bekenntnissen. Laut Dumreicher-Ivanceanu würden sowohl Kunststaatssekretärin Andrea Mayer sowie Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck ein fertiges Konzept für eine Filminvestitionsprämie mit einem Bonus für grünes Produzieren unterstützen. "Nun geht es darum, gemeinsam mit dem Finanzministerium die Umsetzung durchzuführen", so Dumreicher-Ivanceanu. "Unser Ziel ist, österreichische Kinofilme und Streamingprojekte und damit den Kreativstandort Österreich zu stärken."