Wenn am Mittwoch Abend die Lichter der Projektoren in den Linzer Innenstadtkinos angehen, dann feiert das Filmfestival Crossing Europe die Rückkehr zur Normalität. 2020 entfiel die Schau coronabedingt gänzlich, im Vorjahr gab es bloß eine eingeschränkte Ausgabe. Das neue Aufbäumen des Festivals, bei dem bis 2. Mai 148 Spiel- und Dokumentarfilme aus 34 Ländern, davon 91 Premieren, in den Linzer Kinos Moviemento, CityKino, OÖ Kulturquartier und Central zu sehen sein werden, wird außerdem durch einen wirklichen Neustart befeuert.
Christine Dollhofer, die das Festival 2004 gegründet hatte, legte ihre Position im Vorjahr nieder und wechselte zum Filmfonds Wien. In Linz wurde mit den Festivalleiterinnen Katharina Riedler und Sabine Gebetsroither eine Doppelspitze auf Dollhofers Sessel installiert.
Im Prinzip bleiben die neuen Leiterinnen dem bisherigen Konzept der Filmschau treu, man will "dem Kinopublikum Lebenswelten und neue Blickwinkel aus ganz Europa" näher bringen, wie es Gebetsroither und Riedler formulieren. Und man achtet dabei auf Gender-Gleichheit: "Beim Auswahlprozess der Filme wurde wie schon in den Vorjahren ein Fokus auf ein ausgewogenes Gender-Programming gelegt, 53 Prozent der Filme im Gesamtprogramm sind von Frauen (mit)inszeniert", so die Festivalchefinnen.
Kinobranche im Umbruch

Gebetsroither und Riedler sind sich bewusst, dass viele der Filme, die sie in Linz zeigen, vermutlich Exoten bleiben werden. "Die Kinobranche befindet sich in einer herausfordernden Phase, in der es mehr denn je notwendig ist, auf den Wert der europäischen Filmkunst und des kollektiven Filmerlebens aufmerksam zu machen", sagt das Duo. "Trotz internationaler Festivalerfolge wird ein Großteil der im Programm vertretenen Produktionen kaum Platz im regulären Kinobetrieb finden". Weshalb Festivals wie noch nie zuvor als Plattform für Nischen des Kinos wichtig seien.
Dennoch können Filmfans auch online beim Festival zuschauen: Zehn Filme aus dem Programm sind auf der Plattform "Kino VOD Club" zu sehen, zum ersten Mal steht heuer auch eine Kollektion von Filmen früherer Festivalausgaben auf filmfriend.atzum Abruf.
Zum Auftakt gibt es in Linz traditionell nicht bloß einen Eröffnungsfilm, sondern mehrere: Nicolette Krebitz "A E I O U - Das schnelle Alphabet der Liebe" mit Sophie Rois steht dabei ebenso auf dem Spielplan wie die portugiesische Doku "Journey to the Sun" von Susana de Sousa Dias und Ansgar Schaefer über die Wirren von Krieg und Vertreibung. In "Inorexable" des Belgiers Fabrice du Welz geht es um einen Autor mit Schreibblockade, und "Hatching" von Hanna Bergholm ist ein vielversprechender Horror-Debütfilm aus Finnland.
Das Programm gliedert sich in die vier Wettbewerbssektionen Fiction, Documentary, Local Artists und die Jugendkategorie YAAAS!, sowie die "Arbeitswelten", die heuer unter dem Titel "Care" stehen.
Die Filmauswahl ist auch eine Reflexion der aktuellen Weltlage, wie Gebetsroither und Riedler anmerken: "Die Tagespolitik hat uns bei der Planung der diesjährigen Festivalausgabe kalt erwischt, die Pandemie hatten wir auf der Rechnung, Krieg in Europa nicht". Crossing Europe sei daher als Einladung zu verstehen, "Europa demokratisch, divers, offen und solidarisch zu denken, auch weit über die EU-Grenzen hinaus. Bleiben wir in diesen bangen Zeiten zuversichtlich". Nicht umsonst hat das Kino seit jeher den Ruf, Utopien zu befördern.
Filmfestival Crossing Europe
27. April bis 2. Mai in Linz
Infos und Tickets: www.crossingeurope.at