Saarbrücken. Noch bis Sonntag bespielt das größte Nachwuchs-Filmfestival im deutschsprachigen Raum, das 44. Filmfestival Max Ophüls Preis, in Saarbrücken die Leinwände. Viele später bekannte Namen verdienten sich hier ihre ersten Sporen: Niki List, Hans Weingartner oder Florian Henckel von Donnersmarck zeigten hier ihre frühen Arbeiten, ebenso wie Wolfgang Murnberger, Paul Harather, Florian Flicker, Arash T. Riahi, Katharina Mückstein oder Stefan Ruzowitzky. Es ist ein guter Boden für das junge Kino, vor allem für das österreichische. Denn traditionell schneiden heimische Filme hier bei den Preisverleihungen ziemlich gut ab. Auch heuer hat das Austro-Kino wieder gute Chancen, unter den Preisträgern zu landen.

Mit "Eismayer" von David Wagner und "Breaking the Ice" von Clara Stern sind zwei Produktionen dabei, die bereits in unseren Kinos zu sehen waren. Neu ist etwa "Wer wir einmal sein wollten" von Özgür Anil, der Regie an der Wiener Filmakademie studiert und von der jungen Anna (Anna Suk) erzählt, die nach Schulabbruch und Abend-Matura noch nach einem Platz im Leben sucht. Sensibel gespielt ist der Film das Porträt einer Generation von Richtungslosen zwischen Drama und Optimismus.

Eigentlich kein "Film" sei "Enter Mycel" von Daniel Limmer, denn das "Projekt" sei unter "unwürdigen Bedingungen" entstanden, wie der Regisseur eingangs festhält. Null Budget, dafür viel Weltuntergang: Vor dem Hintergrund eines weltumspannenden Pilzes, der viel Unheil verheißt, geht eine Familie am Tod der Mutter zugrunde. Es sind 75 krasse Filmminuten, für die der Begriff "eigenwillig" viel zu haramlos ist. Aber gerade der Nachwuchs braucht radikale Arbeiten, um dem Kino neue Perspektiven abzuringen.

Eine Reise in einen kleinbürgerlichen, aber gar nicht so kleinen Mikrokosmos unternimmt der Dokumentarfilm "27 Storeys" von Bianca Gleissinger. Die Regisseurin hat sich fünf Jahre lang in ihrem ehemaligen Wohnort, dem Wiener Wohnpark Alterlaa, umgesehen. Sie durchkämmt den Mega-Baukomplex, der in den 1970er Jahren errichtet wurde und damit warb, ein "Leben wie die Reichen, nur für alle" zu ermöglichen (mit Poollandschaften auf den Dächern), und findet jede Menge Launiges und Skurriles, zwischen Vereinsmeierei, ein paar Achterln Weiß, Sofalandschaften und Pokalschränken und zeigt, wie schrullig-originell diese doch manchmal recht kleingeistige Lebenswelt in der Großstadt sein kann - zuweilen herrlich ironisch und gewitzt.

Weniger zu lachen hat Schauspielerin Alina Stiegler im deutschen Beitrag "Sprich mit mir" von Janin Halisch, die eine sensibel eingefangene Mutter-Tochter-Geschichte reicht. Oder eigentlich: Eine Vater-Tochter-Geschichte, denn der Erzeuger glänzt hier durch Abwesenheit, was der Teenager-Tochter viel Pein beschert. Beim gemeinsamen Kurzurlaub an der Ostsee nähern sich Mutter und Tochter einem Fremden (Peter Lohmeyer) an, der mit seiner Tochter urlaubt. In der jungen Protagonistin entsteht ein sehnsüchtiger Fluss aus Innigkeit und Verzweiflung, was nachvollziehbar macht, wie es ist, ohne einen Vater aufwachsen zu müssen.