Eigentlich hatscht er: breitbeinig, schwerfällig und mitleidserregend. Parallelen zu John Wayne assoziiert man schnell. John Wick (Keanu Reeves) ist gepeinigt von seinem Leben, und eigentlich will er nur seinen Frieden finden. Von dem gefürchteten Killer ist nichts zu erahnen, bis John Wick in Aktion treten muss. Und diese Szenen sind dann die Höhepunkte von "John Wick: Kapitel 4", denn der Fokus liegt eindeutig nicht auf einem raffinierten Drehbuch oder gar tiefgehenden Dialogen, sondern einzig und allein auf den in Hochglanz inszenierten Kämpfen. Und diese sind großartig choreografiert und in Szene gesetzt. Wie schafft der hatschende Wick bloß, so agil zu kämpfen?, fragt man sich hin und wieder. Egal, das Ergebnis stimmt und lässt sich sehen.
Der Inhalt des beinahe drei-stündigen Films ist schnell erzählt: Der Rachefeldzug gegen die weltweite Vereinigung der Bösewichte, die sogenannte Hohe Kammer, geht auch im vierten Teil weiter. Sie wollen um jeden Preis John Wicks Tod und setzen dafür ein hohes Kopfgeld aus. Der von der Kammer gewählte oberste Vertreter, Marquis de Gramont (Bill Skarsgård), hat alle erdenklichen Befugnisse dafür bekommen. Der grausame Marquis schreckt auch nicht davor zurück, den Meisterassassinen und jahrelangen Freund von John Wick, Caine (Donnie Yen), als Killer zu nötigen. Und so muss John Wick nicht nur die Kämpfer der Kammer killen, sondern sich noch mit unzähligen Kopfgeldjägern herumschlagen.
Alte Bekannte
Unterstützung erhält John Wick von alten Bekannten wie seinem Freund Winston (Ian MacShane), den Manager des New Yorker Continental Hotels, oder dem Obdachlosen Bowery King (Laurence Fishburne). Auch der kürzlich verstorbene Lance Reddick versucht als Concierge des Continentals, den arroganten und schnöseligen Marquis - zumindest verbal - zu stoppen.
Die Bilder und dichten Atmosphären, die Regisseur Chad Stahelski in den Locations und den dortigen Kampfszenen entstehen lässt, sind oftmals zum Staunen. Denn John Wick verschlägt es wieder in eine marokkanische Wüste, nach Osaka, Berlin und Paris.
Rund um den Triumphbogen
Ein besonderes Highlight ist etwa eine Verfolgungsjagd rund um den Pariser Triumphbogen - natürlich gegen den Kreisverkehr - mit einem Meer aus toten Kopfgeldjägern und einem Killerhund, der zwar attackiert, aber irgendwie wenig nach Tötungsmaschine anmutet. Und der Showdown, in dem John Wick die mehr als 200 Treppen zur Sacré-Cur erklimmen muss, aber jedes Mal von Kopfgeldjägern erneut die Treppen hinuntergeworfen wird, bringt sein Schicksal auf den Punkt.
Keanu Reeves hat seine Paraderolle, neben "Matrix", weiterentwickelt. Trotz weniger Sätze und einem stoischen Über-Leichen-Gehen erkennt man das Angeekeltsein von sich selbst, die Sehnsucht nach seiner ermordeten Frau. Neben Reeves sind Bill Skarsgård und Donnie Yen ein hochkarätiges Staraufgebot, das aufgrund seiner Rollendarstellung für schauspielerisch interessante Szenen sorgt.
Fazit ist, dass der vierte Teil der Saga wohl inszenatorisch der pompöseste ist und von einem möglichen fünften Teil, wie gemunkelt wird, nicht zu übertrumpfen wäre. John-Wick-Fans und überhaupt Actionfilm-Liebhaber werden ob der überbordenden filmischen Realisierung begeistert sein.