Schlussakkord für die "Guardians of the Galaxy": Die humorvollste Serie aus dem Marvel-Comic-Imperium strebt ihrem actiongetränkten Finale entgegen. Der Weg dorthin ist aufregend und verläuft, in den Worten des Disney-Studios, ungefähr so:
"Peter Quill alias Star-Lord (Chris Pratt) und die vielleicht kurioseste Heldentruppe des Universums drehen die Verstärker noch einmal bis zum Anschlag auf und lassen es richtig krachen. Unsere geliebte Gang von Außenseitern gewöhnt sich langsam an ihr Leben auf Knowhere. Aber es dauert nicht lange, bis ihr Alltag durch Rockets turbulente Vergangenheit auf den Kopf gestellt wird. Peter Quill muss erneut sein Team zusammenbringen, um mit vereinten Kräften das Universum zu verteidigen und Rockets Leben zu retten."
Alles klar? Wer nach diesen Zeilen nickt und eilig ins Kino aufbricht, gehört zur idealen Zielgruppe für den Film. Das sind die Auskenner, die die Story der Trilogie bis in ihre Verästelungen verinnerlicht haben. Sie wissen, dass die Guardians eine Bande heldenhafter Outlaws sind, dass ihr Stützpunkt Knowhere eine intergalaktische Minenkolonie ist und dass es sich bei dem zuvor erwähnten Rocket um einen Waschbären handelt. Das heißt, eigentlich ist Rocket gar kein richtiger Waschbär, sondern ein Hybrid, halb biologisches Lebewesen, das in der Menschensprache sprechen kann (im Original mit der Stimme von Bradley Cooper), und halb Maschine. Darauf programmiert, als Waffenspezialist durchs Weltall zu jagen, hat er sich den Guardians angeschlossen.
Action und Tierdrama
Wer das alles nicht weiß oder vielleicht, wie der Rezensent, eine gewisse Marvel-Comics-Halbbildung mitbringt, der schaut im Kino erst mal ziemlich ratlos aus der Wäsche. Weil es schwerfällt, das Geschehen auf der Leinwand richtig einzuordnen. Zumal der Film nicht wie ein intergalaktischer Actionreißer beginnt, sondern wie ein Tierdrama. In Rückblenden begegnet man dem kleinen Rocket und anderen geplagten Vierbeinern, die in einem finsteren Verlies Experimente erdulden müssen. Das Plädoyer gegen Tierversuche ist übrigens nicht das einzige soziale Anliegen des Films. Autor und Regisseur James Gunn und das Team stellen sich auch solidarisch an die Seite von Kindern und Migranten.
Nach angemessenem Einsatz für ernste Themen schwenkt das Werk aber immer wieder um zum ureigensten Stoff fast aller Comic-Verfilmungen: dem ewigen Kampf von Gut gegen Böse. Der grimmige Adam Warlock (Will Poulter) schickt sich an, den Frieden auf Knowhere zu stören, und die Guardians halten dagegen. Die Handlung ist nur so gespickt mit Anspielungen für Insider, aber auch "Guardians"-Novizen können nun dem Geschehen mühelos folgen: Da die Guardians die Guten sind, müssen ihre Gegner zwangsläufig die Bösen sein. Hier entfaltet das Marvel Cinematic Universe seinen vollen Glanz: Die Schauwerte der intergalaktischen Kämpfe sind hoch, die Action ist spektakulär, und ein serientypisch hochklassiger Pop-Rock-Soundtrack bereitet den Ohren der Betrachter großes Vergnügen.
Je mehr sich die Lage dann im Showdown zuspitzt, umso stärker konzentriert sich das Geschehen auf den kleinen Rocket, der die Serie seiner Heldentaten mit einem ganz besonderen Einsatz krönt. Unvermittelt mutiert der raue Actionreißer zum Melodram der großen, edlen Gefühle. So bleibt die Trilogie bis zu Schluss ihrem Stil treu, anders zu sein als der Mainstream des Comic-Kinos: "Guardians 3" ist eine Ode an einen Waschbären.