
Der "lone ranger" in "Lone Ranger" ist nicht Johnny Depp. Auf den Filmplakaten prangt trotzdem sein Name über dem Titel, und das ist nicht einmal, wo die Misere beginnt. Regisseur Gore Verbinski eröffnet seinen Film mit einer einnehmenden Kamerafahrt über die im Bau befindliche Golden Gate Brücke: Das ist San Francisco, 1933, die Herausbildung der Populärkultur ist in vollem Gange, über einem Zirkusgelände steigt ein roter Ballon auf, wir befinden uns im Weste(r)n. Ein kleiner Junge (Mason Cook) in einem Ranger-Kostüm betritt ein Zelt mit der Aufschrift "Wild West Ausstellung" und dort steht die Wachsfigur eines amerikanischen Ureinwohners in einem mit Stroh ausgelegten Terrarium ("The noble savage in his native habitat"). Irgendwie erwacht die Figur zum Leben und es stellt sich heraus: Das ist ja Johnny Depp, als auf KISS-geschminkter Jack Sparrow, diesmal mit einer toten Krähe auf dem Kopf.
Politisch inkorrekt
Selbst wenn man außer Acht ließe, dass dieser "Indianer", hier gespielt von einem weißen Superstar, buchstäblich auf weiß geschminkt ist und zudem noch lediglich auf dem "Porträt eines imaginären amerikanischen Ureinwohners" des weißen Malers Kirby Sattler basiert, würde man auch dann nicht für diese großzügig politisch inkorrekte Toleranz belohnt. Denn von nun an springt der Film von Flashback zur behaupteten Gegenwart, also der Vergangenheit von damals, als der Indianer dem Jungen seine Geschichte erzählt.
Der wahre Lone Ranger - die von George W. Trendle und Fran Striker für eine Radioshow erfundene Figur - ist eine mittlerweile ikonografische Figur im amerikanischen Western, und wie zum Beispiel Old Shatterhand wird auch sie im Abenteuer von einem indianischen Freund (namens Tonto) unterstützt. Diese Freundschaft beruht allerdings mehr auf Zweck- denn emotionaler Verbundenheit - ebenfalls ein Grund, warum keine der Figuren wirklich interessant wirkt. Armie Hammer (einer der feschen Winklevoss-Zwillinge aus David Finchers "The Social Network") jedenfalls ist der "einsame Hüter" John Reid, der nach seinem Jurastudium zirka 1869 in seine Heimatstadt Colby, Texas zurückkehrt. Dort ist der Eisenbahnbau zum Versprechen von Fortschritt und/ins Paradies geworden und der Railway-Tycoon Latham Cole (Tom Wilkinson) weiß das zu vermarkten - ebenso wie die Macher dieses Films. Auf einer Zugfahrt exponiert Verbinski seine Geschichte: John gerät in einen Eisenbahnüberfall, bei dem der mitgeführte Bandit Butch Cavendish (beinahe unkenntlich Zahn-prothesiert: William Fichtner) aus einem der Waggons fliehen kann, weil er geschickter ist als der ebenfalls dort gefesselte Tonto (Johnny Depp), dem die Banditen sogleich noch John an den Leib binden. Natürlich entkommen die unfreiwillig aneinander Geketteten und machen sich auf die Jagd nach Butch.