Wien. "Wir erlebten einen krassen Übergang von einem verwöhnten Leben einer bürgerlichen jüdischen Wiener Familie zu oftmals schwerer körperlicher Arbeit und Verzicht auf eigenes Hab und Gut. Wir fühlten uns wie Setzlinge, die aus einem geschützten Glashaus in die feste Erde umgepflanzt wurden", erinnert sich Ari Rath. Der langjährige Chefredakteur der "Jerusalem Post" war als Kind in der NS-Zeit aus Wien geflohen - und hat nun, im Alter, wieder in seine Heimatstadt zurückgefunden. Raths Erinnerungen an die Wiener Jahre von damals hat Filmemacher Lukas Sturm 2012 in dem Streifen "Die Porzellangassen-Buben" lebendig gemacht - zweiter Protagonist ist ein vielfacher Oscar-Gewinner, der Hollywood-Produzent Eric Pleskow.
"Exil gibt es, solange es Menschen gibt"
"Die Porzellangassen-Buben" ist eine von einer ganzen Reihe von Produktionen, die heuer im Rahmen eines Schwerpunkts zum Thema Exil vom Jüdischen Filmfestival Wien (7. bis 22. Oktober) gezeigt werden. Andere Beiträge sind unter anderen "Aimée und Jaguar" oder "Casablanca", aber auch Dokumentarfilme wie "Der ungehorsame Konsul - Exil in Portugal" oder "Der Riss der Zeit - Die Vertreibung von Intelligenz und Kultur" von Helene Maimann. Ein Symposium wird sich zudem mit "Exilforschung heute" auseinandersetzen.
Derzeit seien auch in Europa tausende Flüchtlinge auf der Suche nach einer neuen Heimat, betont Festivaldirektor Frédéric-Gérard Kaczek. "Österreich wird zum Exilland, zur neuen Erde für Menschen, die vor Verfolgung und Krieg hier bei uns Zuflucht suchen." Solidarität und Zivilcourage seien wieder mehr denn je gefragt.
Eine, die weiß, was Emigration und Exil bedeuten, ist die Schriftstellerin Julya Rabinowich. Sie ist die heurige Eröffnungsrednerin des Jüdischen Filmfestivals. "Das Thema Exil ist heuer so wichtig, wie es letztes Jahr und vorletztes Jahr und hundert Jahre zuvor schon gewesen ist", betont sie im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Exil gibt es, solange es Menschen gibt." Ein Drama sei es, "dass wir nach so viel tausend Jahren immer noch keinen passenden Umgang damit gefunden haben". Aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen, aber auch aufgrund des Mitgefühls mit anderen, die ebenfalls ihre Heimat verloren haben, sei das Thema Exil auch "ein wesentlicher Motor meines Schaffens. Schmerzen kann man auch in ein Schöpfen verwandeln - aber es kostet viel Kraft".