Ruth Maders Filmheld Alexander (Fritz Karl) ist nicht mehr ganz sicher, ob die Welt, in der er lebt, die richtige für ihn ist: Alles rund um ihn wird fortwährend optimiert, und der sterile Umraum seiner Lebensumgebung arbeitet einem absoluten Kapitalismus zu, der keine Schwäche duldet. Wer schwach ist, landet in den Schlafburgen, in denen die Minderbemittelten hausen. Doch in Alexander wächst der Widerstand gegen diese rundum überwachte Welt und gegen den gläsernen Menschen. Da aber Unmut nicht geduldet wird, stellt man ihm die Agentur "Life Guidance" zur Seite, die ihn auf den rechten Weg zurückbringen soll.
Ruth Maders neuer Spielfilm "Life Guidance" (derzeit im Kino) ist eine Dystopie im Sinne von George Orwells "1984" und zeigt in eleganten Bildern, wie unser Wertesystem von Gier und Kapitalismus unterwandert wird.
"Wiener Zeitung": Ist Orwells "1984" eines der Vorbilder für Ihren Film gewesen?
Ruth Mader: Ja, definitiv, denn es ist ein Buch, das mich schon lange fasziniert. Formal habe ich mich sehr an Stanley Kubricks "A Clockwork Orange" orientiert, gerade auch in der Frage, wie er mit Räumen umgeht und mit seinen Motiven. Kubrick war in der Wahl seiner Bilder sehr präzise. Außerdem war mir wichtig, einen zeitlosen Science-Fiction-Film zu drehen, also einen, der gesellschaftspolitisch relevant ist und auch über die nächsten Jahrzehnte relevant bleiben wird. Gerade da ist Kubrick auch ein Vorbild.
"Life Guidance" ist ein sehr bewusster Kommentar zu unserer Zeit. Und dabei auch ein sehr aktueller.
Es ist sicher ein gesellschaftspolitischer Film, der zeigt, hochgerechnet, wie unser Wertesystem der Zukunft aussehen könnte, wenn der Kapitalismus sich derart perfektioniert und sich alles nur mehr darum dreht, dass die Menschen "optimiert" und wir immer transparenter werden und immer mehr Daten freiwillig ins Internet stellen. Der Film zeigt aber auch das Spannungsfeld, das sich auftut, wenn eine Gesellschaft immer mehr nach "political correctness" strebt. Ich glaube, der Film greift relevante Themen auf. Seit ich davon gehört habe, dass man in Schweden überlegt, dass man sogar in einer Ehe vorher fragen muss, ob man Sex miteinander haben darf, finde ich, dass die Realität gerade unseren Film einholt.