Salzburg. Die Salzburger Festspiele 2019 sind offiziell eröffnet. Der Festakt in der Felsenreitschule am Samstagvormittag, an dem weite Teile des offiziellen Österreich teilnahmen, war von einem Thema dominiert: dem Klimawandel. Sowohl Festspielredner Peter Sellars als auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen nutzten ihre Reden für mahnende Worte zum Schutz der Umwelt.
Ein Umdenken, vor allem aber eine Veränderung unseres Handelns, brauche nicht Verbote, sondern auch eine tiefere, sinnliche, lustvolle Komponente, meinte Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler. Daher spiele auch die Kultur eine wichtige Rolle in der Klimadiskussion. Nicht nur der "Meister der Felsenreitschule", Peter Sellars, werde dies in seiner "Idomeneo"-Inszenierung zeigen, die am Abend Premiere feiert. Auch zum Festspielthema der Mythen werde man "den Beweis erbringen, dass die Beschäftigung mit den Mythen kein Schwelgen in längst vergangenen Zeiten ist, sondern Auseinandersetzung mit der Gegenwart".
"Götter sprechen mit steigenem Crescendo zu uns"
Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen war vorinformiert, dass Festspielredner Sellars über Klimawandel und Umweltschutz sprechen würde - ein aufgelegtes Thema für den ehemaligen Grünen-Politiker. "Die Klimakrise ist hier. Wir können sie greifen." Klimaforschung gebe es seit 100 Jahren, und "die Klimagötter sprechen seit etwa 50 Jahren mit steigendem Crescendo zu uns", so Van der Bellen. "Man könnte meinen, wie in einer griechischen Tragödie steuern wir in einem irreversiblen und nichtlinearen Prozess auf den Abgrund zu."
Doch, so Van der Bellen, er wäre nicht der Bundespräsident, wenn er nicht auch Hoffnung und Zuversicht aussprechen würde. Man höre von jungen Menschen, die auf die Straße gehen, und sehe "politische Parteien, die bisher in dieser Hinsicht nicht auffällig waren, die sich jetzt den Klimaschutz auf ihre Fahnen heften", meinte Van der Bellen. "Nun, wie ich neulich sagte: Jeder Mensch kann etwas dazulernen."
Jeder sei gefordert, sich aktiv einzubringen, sagte der Bundespräsident auch mit Blick auf die im Publikum anwesenden Vertreter aus Energiewirtschaft, Technologie, Finanz und Politik. "Wenn wir so weiterleben wollen, werden wir nicht so weitermachen können." Gleichzeitig betonte Van der Bellen die zentrale Rolle der Europäischen Union für die Klimapolitik und warnte vor nationalistischen Bestrebungen: "Wenn wir die Union nicht hätten, dann müssten wir sie erfinden."
Lob der Mythen und der Freiheit der Kunst
Eröffnungsredner Peter Sellars verband seinen eindringlichen Appell für Umweltschutz mit seiner Rolle als Regisseur der Eröffnungsoper "eines aufbegehrenden, ungeduldigen, ungestümen und genialen 24-Jährigen aus Salzburg namens Wolfgang Amadeus Mozart". Er deutete den "Idomeneo" als "Oper über das Meer" - und die Geschichte vom Vater, der den Sohn opfern soll, als taugliches Gleichnis für eine Gesellschaft, die auf Kosten der nächsten Generation die Umwelt zerstört. Die griechische Tragödie lehre uns: "Es gibt nicht das Böse, es gibt nur Ignoranz."
Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein nutzte ihre Rede für ein Lob der Mythen und der Freiheit der Kunst. "Die Mythen enthalten all das, was das Leben ausmacht: Den Logos und den Mythos, das Trennende und das Verbindende, das Alte und das Neue." Und die heuer aufgegriffenen Erzählungen von Medea, Ödipus, Orpheus und Idomeneo zeigten "wie nahe die Festspiele am Menschen und am Menschsein sind".
199 Vorstellungen an 16 Spielorten
Die Kunst selbst kam beim Eröffnungsakt in Form des Mozarteum Orchester Salzburg unter der Leitung von Aziz Shokhakimov sowie mit Solistin Patricia Kopatchinskaja zu Wort. Neben den verpflichtenden Bundes-, Landes- und Europahymnen hielt man sich mit der wohlbekannten, schwungvollen Ouvertüre aus Offenbachs "Orphee aux enfers" und George Enescus "Rumänischer Rhapsodie" an das Opernprogramm des heurigen Festspielsommers, zwischen Grußworten und Festspielrede legte Kopatchinskaja mit Ravels "Tzigane" ihre persönliche, humanistische Mahnung vor - wie immer barfuß. Bis Ende August hat nun wirklich die Kunst das Sagen - insgesamt 199 Vorstellungen werden dann an 16 Spielorten für einen weiteren dichten Festspielsommer zwischen Musiktheater, Schauspiel und Konzert gesorgt haben. (apa)