Seit vergangenem Freitag ist Kirill Petrenko offiziell Chefdirigent der Berliner Philharmoniker; erstes Etappenziel der Spätsommertournee des Orchesters war traditionell Salzburg. Eröffnet wurden die beiden Konzerte mit Werken der Zweiten Wiener Schule. Während Petrenko in Alban Bergs "Lulu"-Suite am Sonntag mehr die spätromantische Verankerung des Werks betonte, schärfte er in Arnold Schönbergs Violinkonzert am Montag das Analytisch-Neue der Partitur. Marlis Petersen sang das Lied der Lulu im Mittelsatz nachdenklich, höhensicher und mit dramatischem Einschlag.
Während Berg die "Lulu"-Suite seinem Lehrer Schönberg zum 60. Geburtstag widmete, eignete Schönberg sein Violinkonzert wiederum seinem Schüler zu. Jascha Heifetz hatte es dem Komponisten noch als unspielbar zurückgeschickt. Für die Moldawierin Patricia Kopatchinskaja schienen einfache und doppelte Flageoletts sowie Akkordkombinationen in Folge keine Schwierigkeiten darzustellen. Mit einem emotional stark aufgeladenen Schluss-Allegro leitete sie förmlich zu Tschaikowskis Fünfter Symphonie über. Petrenko forderte die Musiker zu druckvollem Spiel bei glasklarer Durchhörbarkeit auf. Wärme kam dabei nicht auf, zumal die Streicher schneidend scharf intonierten. Sehr schön herausgearbeitet war die feinabgestufte Instrumentation in Tschaikowskis Walzer.
Entfesselte Urgewalten
Am Sonntag kombinierten die Berliner dann Berg mit Beethovens Neunter Symphonie: Auf der Stuhlkante musizierend, entfesselten sie Urgewalten in Beethovens Opus summum bei stimmiger Tempodramaturgie. Die Zuhörer riss es nach dem Schlussakkord von den Sitzen.