Wie der Leiter des Festivals Wien Modern, Bernhard Günther, beim Abschlusskonzert anmerkte, bekam das Publikum an diesem Samstagabend in Form von drei Erstaufführungen höchst unterschiedliche Visionen von Neuer Musik zu Gehör.
Den Anfang machte mit "über" für Klarinette, Live-Elektronik und Orchester von Mark Andre ein Beispiel jener Avantgarde, die immer noch neue Klangkombinationen sucht und - wenigstens in diesem Fall - auch findet. Das von äußerster Reduktion geprägte Stück beginnt knapp über der Hörschwelle mit dem Atemgeräusch des Solisten, das die Resonanz von Elektronik und einzelnen Instrumentengruppen erweckt. Trotz des großen Aufgebots wird das Orchester, hier die präzise arbeitenden Wiener Symphoniker unter Leo Hussain, äußerst sparsam und punktgenau eingesetzt. Ganz anders danach Peter Eötvös "Multiversum", in dem die große Konzerthaus-Orgel in ein temporeiches Wechselspiel mit Hammondorgel und Orchester trat. Der Komponist hantiert hier mit einer kulinarischen Überfülle an Material, ohne dabei traditionelle Klangschönheit zu verschmähen.
Den Abschluss machte mit Peter Ablingers "Wachstum, Massenmord" ein Konzeptstück, das Ablingers radikale Kritik an der Institution Symphonieorchester zum Ausdruck bringen sollte. Der Komponist hatte dafür die Obertonspektren der titelgebenden Worte computergestützt analysiert und in Orchesterklänge übersetzt. Ein abwechslungsreiches Festival-Finale, das mit einem Fragezeichen endete.