"Journalismus ist Wiederholung", lautet ein überspitztes Bonmot. Man könnte es auch auf die Musik anwenden: Ohne Wiederholung würde sich kaum eine Melodie im Kopf festsetzen, und es gäbe keinen roten Faden auf dem Weg durch ein Musikstück. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Exposition in der Sonate wiederkehrt, im Pop-Song die Strophe und der Refrain und die Volksmusik sowieso ein Faible für das Repetitive hegt.
Die Barockzeit hatte einen besonderen Narren an der Wiederholung gefressen, verstand es aber auch, die Langeweile-Gefahr zu drosseln. Ein Erfolgsrezept: der "Basso ostinato", also "starrsinnige" Bass. Mit seiner Abfolge immergleicher Töne sorgte er für ein Fundament, auf dem Solisten ihren Prunk ausbreiteten. Ein wenig wie beim Improvisieren über einen Jazz-Standard - nur dass die Barockzeit mehr Noten vorgab. Etwa im Fall des berüchtigten D-Dur-Kanons von Johann Pachelbel, aber natürlich auch bei den vielen andern Beispielen dieser Musikbauart, zu der auch die englischen "Grounds" zählen.

Der französische Lautenist Thomas Dunford und der Geiger Théotime Langlois de Swarte nehmen sich einer Fülle solcher Stücke aus dem England des 17. Jahrhunderts an. Dabei machen sie einen Bogen um Altbekanntes: Barock-Star Henry Purcell ist nur mit einem bescheidenen Zweiminüter vertreten, dafür taucht sein (mutmaßlicher) Cousin Daniel Purcell umso prominenter auf, des Weiteren der Tonsetzer Henry Eccles sowie Vater und Sohn Nicola Matteis.

Die Nummern, eine bis fünf Minuten lang, changieren zwischen wortlosen Sehnsuchtsgesängen, vergnügten Tänzen und brillanten Bravourstücken. Dunford und Langlois de Swarte legen es dabei nicht auf modischen Originalklang im Sinne ruppiger Schockeffekte an, sondern arbeiten sich geschliffen durch ihr oft bittersüßes Material: Es ist ihnen mehr um Ergötzung als Überwältigung zu tun. Verzopft wirkt das dennoch nicht: Die Emotionsfülle (etwa der "Mad Lover"-Suite) finden innerhalb der Grenzen des Wohlklangs genügend Ausdrucksspielraum. Die Geige des Franzosen begeistert dabei durch ihre Eloquenz und vitale Dynamik, die Laute des Begleiters durch eine Bandbreite vom sanften Harfengeplucker bis zur satten Perkussion. Womit jede Langeweile-Gefahr gebannt ist.

Wenn Ádám Fischer in den Vorjahren an der Staatsoper auftauchte, durfte man beruhigt sein: Der uneitle Ungar leitete Repertoire-Renner wie den "Rosenkavalier" stets solide bis packend. Nun zeigt ihn eine CD-Reihe im Reich der Romantik: Der 71-Jährige hat mit den Düsseldorfer Symphonikern das Orchesterwerk Gustav Mahlers eingespielt; Ende des Vorjahrs ist die Neunte Symphonie erschienen. Fischer wird seinem Ruf als Pult-Demokrat hier auch ästhetisch gerecht: Ein transparentes Klangbild sorgt dafür, dass im dichten Orchestersatz keine Stimme ungehört bleibt. Vor dem intensiven Finale fehlt nur leider trotzdem manches: Wo Mahler nicht so sehr Kontrapunktiker ist als ein Sound-Architekt, weiß Fischers Ansatz daraus kaum Kapital zu schlagen. Gleichwohl ein respektabler Gegenentwurf zu den schwelgerischen Interpretationen eines Lorin Maazel.