Stellen Sie sich vor, Sie hören ein Musikstück. Die Melodie ist schon schön, aber wie sie gespielt wird - entsetzlich!
All die kompositorischen Ideen überhaupt nicht richtig ausgebreitet. Aber man kann es halt nicht ändern. Ich schon, dachte in einer vergleichbaren Situation Arnold Schönberg. Und erweiterte Johannes Brahms‘ 65 Jahre zuvor uraufgeführtes Klavierquartett g-Moll 1937 einfach zu einem Orchesterwerk. Damit zu Gast im Musikverein waren nun Paavo Järvi und sein Tonhalle-Orchester Zürich. Was sie an ihm zeigten, war technisch präzise Wiedergabe, weniger sich in Tempo, Transparenz oder Temperament besonders auszeichnende Interpretation. Immerhin gelegentlich erfuhr das Ausgreifend-Bedächtige mehr Verve.
Schon Berlioz‘ Programmsinfonie "Harold en Italie" gestand der Este am Pult nur ziemlich gemäßigte Emotionen zu. An seiner Seite hier Viola-Star Antoine Tamestit, der zwar seinerseits träumerisch-schwelgend im Kopfsatz einstieg (nachdem er erst während des laufenden Konzertes auf die Bühne gekommen war), doch sich selbst erst ganz gegen Ende wirklich prägnant-solistisch in den Mittelpunkt spielte - statt wie bis dahin meist unauffällig im Klangkörper aufzugehen.
Was nicht an Järvi lag, der seinem Bratschisten dynamisch stets Luft ließ. Eine charakterreiche, expressive Tondichtungs-Erzählung kam mithin höchst selten zustande, am ehesten noch im Räuberhöhlen-Finalsatz, der sich am meisten vom rein Sinfonischen entfernte. Insgesamt ein noch solider, kein bewegender Auftritt.