Lobenswert, wenn die Wiener Symphoniker einmal nicht nur Kernrepertoire abgrasen, sondern interessante Musik spielen. Wie am Mittwoch im Musikverein, wo Messiaen, Berg und Honegger auf dem Programm standen. Fast als hätte man sich in ein RSO-Konzert verirrt. Praktischerweise sind bei solchen Konzerten (leider) auch immer noch Karten zu haben. Also Daumen drücken und auf ein Ohrenwackelwunder hoffen, auf dass solche Darbietungen in Zukunft häufiger werden.
In "Les Offrandes oubliées" überrascht der junge Messiaen inmitten der zu erwartenden Tonwolken mit einem knackigen, geradezu strawinskyeskem Mittelteil, der unter dem Dirigat von Lorenzo Viotti sauber und erfolgreich auf Effekt gespielt wurde. Im Berg’schen Violinkonzert traf man, im Zusammenspiel mit dem eleganten Augustin Hadelich, eine gediegene interpretatorische Mitte, weder hyperromantisch noch kalt; nuancenreich und flexibel im Tempo. Was kann man nach diesem ergreifenden Stück als Zugabe spielen? Bachs Andante aus der a-Moll-Sonate passte perfekt.
Maschinengetriebener Vorwärtsdrang eröffnete Honeggers Dritte Symphonie, um mit der Milde im "De profundis"-Adagio umso besser zu kontrastieren. Dabei kamen in der bitter-süßen Dissonanz unerwartete Parallelen zu Mahlers Zehnter zu Tage. Zackig ging es in den grimmen Marsch des Finales hin zum leisen Ausklang, in dem sich die Piccoloflöte, der Solocellist und seine Gruppe Bestnoten verdienten. So berührend, dass man über Viottis künstliche Applausverzögerung mit ewigem Arme-in-der-Luft-Stillhalten hinwegsehen konnte. Fürs Programmieren gibt’s das fünfte Sternderl.