Der besondere Moment der Stille, aufgeladen von der gerade verklungenen Musik und dem dadurch Ausgelösten, wurde durch ein Handyklingeln jäh beendet. Zurück ins Hier und Jetzt schien das Signal ausdrücken zu wollen. Zuviel Transzendenz und Entmaterialisierung könnten ungeahnte Folgen nach sich ziehen.
Für ihr zweitägiges Wiener Gastspiel kombinierten Tugan Sokhiev und die Münchner Philharmoniker Werke von Schostakowitsch und Mahler. Jenes Orchester, das bis 2022 von Valery Gergiev geleitet wurde. Der Dirigent hat sich bekanntermaßen für Russland entschieden. Sokhiev hat dies nicht getan und sowohl seinen renommierten Posten am Moskauer Bolschoi Theater als auch jenen in Toulouse niedergelegt. Die Zusammenarbeit der Münchner Philharmoniker mit einem der letzten Schüler von Ilya Musin klappte hörbar gut am Dienstag, wenn auch einige Satzschlüsse etwas ausgefranst gerieten und die Reaktion auf die am Pult angezeigten Lautstärkewünsche etwas verzögert umgesetzt wurden.
Vollmotivierte Instrumentalsoli (Klarinette, Fagott, Oboe) sowohl in Schostakowitschs keck grotesker Neunten Symphonie als auch in Gustav Mahlers "Lied von der Erde". Es waren die Münchner Philharmoniker, die diese Lied-Symphonie mit der besonderen Aura 1911 zur Uraufführung brachten unter Bruno Walter. Tenor Andreas Schager, eine ewige Frohnatur, beeindruckte wie gewohnt mit Stimmvolumen und Wortdeutlichkeit. Meditativ fokussiert ließ Ekaterina Gubanova ihren Mezzosopran herrlich strömen.