Wenn Grigory Sokolov auftritt, bildet der stets aus sechs Stücken bestehende Zugabenteil eine Welt für sich. Am Mittwoch präsentierte der Pianist im Wiener Konzerthaus als Nachschlag dem Publikum Kompositionen von Rameau, Chopin, Rachmaninow und Bach (in einer Bearbeitung von Siloti), scheinbar recht ruhig und gelassen serviert. Scheinbar.

Nach außen wirkt Sokolov in seinem Frack eigentlich immer gleich. Was im Inneren des Musikers vor sich geht, bleibt unsichtbar. Er lässt die Musik sprechen, wobei die Botschaft noch lange nachwirken kann oder ihren kostbaren Inhalt mitunter erst später preisgibt. Die erste Programmhälfte gehörte ganz dem Orpheus Brittanicus Henry Purcell. Eine selten zu hörende Gelegenheit. Endlos strömend reihte sich eine Suite an die andere, funkelten die vielen Triller kristallklar, blitzten Tunes voll Wehmut und Melancholie dazwischen auf. Wie im Flug vergingen die 30 Minuten, nach denen man sortierter, fokussierter und zentrierter aus dem zum Bersten gefüllten Großen Saal ging.

Phosphoreszierende Perle

Über Sokolovs Interpretation von Mozarts B-Dur-Sonate KV 315c ließe sich diskutieren. Über den sehr artigen, fast verhalten gebremsten Zugang, über die Phrasierung. Das Adagio KV 540 ist das einzige Stück von Mozart in der Stammtonart h-Moll, eine außergewöhnliche Komposition: dunkel, abgründig, voller Geheimnisse. Sokolov präsentierte sie wie eine klar strukturierte, matt schimmernde, phosphoreszierende Perle.