Es gleicht einer Nagelprobe für Dirigent und Orchester: Die Akustik des Grafenegger Wolkenturms lässt jede Einzelstimme wie gemeißelt hervortreten und verzeiht auch nicht die kleinste Ungenauigkeit. Dabei stand das samstägige Abendkonzert ohnedies im Brennpunkt der Aufmerksamkeit: Die Staatskapelle Dresden und ihr neuer Chef Christian Thielemann präsentierten sich mit Bruckners Siebter Symphonie erstmals dem österreichischen Publikum.

Schwer zu entscheiden, was an dem eigentümlichen Charakter dieser "Siebten" der klanglichen Besonderheit der Freiluft-Bühne geschuldet war und was interpretatorische Intention. Die überdeutlich voneinander abgesetzten Klänge im dritten Thema des Kopfsatzes entfalteten, bei merklich gedrosseltem Tempo, eine nahezu verstörende Wirkung. Dass die Stimmen hier nie zum romantischen Mischklang verschmolzen, berechtigt indes noch nicht zu der Annahme, Thielemann sei im Grunde Modernist.

Doch ein Romantiker

Jedenfalls kostete er, Bruckners Pianissimi beim Wort nehmend, die dynamische Bandbreite der Partitur voll aus, ließ nicht nur im Adagio Phrasen-Enden förmlich im Nichts verklingen. Überhaupt schien er das Werk weniger als kompakte Klangmasse anzulegen denn als Musik, die aus der Stille kommt. Wie bei der Uraufführung befand sich die Symphonie auch hier in "neudeutscher" Gesellschaft: Die Konzertfassung von Vorspiel und "Liebestod" aus Wagners "Tristan" eröffnete den Abend. Hier führte der Dirigent sein Orchester mit leidenschaftlicher Emphase und erwies sich dabei doch wieder als echter Romantiker.