München. Der deutsche Dirigent Wolfgang Sawallisch ist am Freitag im Alter von 89 Jahren gestorben. Von 1971 an führte Sawallisch 22 Jahre lang die Bayerische Staatsoper in München als Intendant und Generalmusikdirektor, zuvor war er von 1957 bis 1970 Chefdirigent der Wiener Symphoniker gewesen, danach, von 1993 bis 2003, war er Musikalischer Leiter des Philadelphia Orchestra. Zuletzt lebte der Dirigent und Pianist zurückgezogen in Grassau am Chiemsee, wo er auch starb.
Ginge es in der Musikgeschichte gerecht zu - der am 26. August 1923 in München geborene Wolfgang Sawallisch, der seinen Nachnamen auf der ersten Silbe betont wissen wollte und dessen Privatleben gegen den Zug der Zeit völlig frei von Skandalen war, würde nicht aufgrund seiner unmissverständlichen Zeichengebung als biederer Verwalter kapellmeisterlicher Tugenden gelten, sondern wegen seiner Intensität und Deutlichkeit als einer der prägenden Dirigenten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ihm war die rückhaltlose Subjektivität eines Leonard Bernstein ebenso fremd wie die musikpriesterlich beschönigte Klangwelt eines Herbert von Karajan. Für Sawallisch zählte das Ego weniger als die Partitur - die aber las er wesentlich genauer als die meisten seiner Zeitgenossen, erarbeitete akribisch die Details und stellte sie in Zusammenhänge, die ein spannendes Ganzes ergaben.
Die genaue Beachtung des Komponistenwillens führte ihn zwangsläufig in Opposition zum Regietheater, was ihm den Ruf eines Konservativen eintrug, der er im Grunde aber nicht war. Immerhin setzte er sich für Komponisten wie Werner Egk, Karl Amadeus Hartmann, Hans Werner Henze oder Heinrich Sutermeister ein und dirigierte in den USA dermaßen viel Zeitgenössisches, dass die Presse gerade diesen Aspekt seiner Tätigkeit hervorhob.
Zweifellos aber waren die zentrale Komponisten für ihn Richard Wagner und Richard Strauss. Speziell Wagners "Der fliegende Holländer", "Die Meistersinger von Nürnberg" und "Der Ring des Nibelungen" erfuhren durch Sawallisch ebenso exemplarische Interpretationen wie "Die Frau ohne Schatten" und "Capriccio" von Richard Strauss. Im Konzertsaal überzeugten Sawallischs Interpretationen der Symphonien Anton Bruckners sowie der Werke Franz Schuberts ebenso wie seine Aufführungen der Symphonischen Dichtungen von Strauss.
Eine besondere Affinität hegte Sawallisch für "Carmina burana", "Der Mond" und "Die Kluge" von Carl Orff, dessen spätere herbe "Antigonae" er ebenfalls beispielhaft aufführte. Er versuchte auch, Orff zur Komposition einer Messe zu überreden, dieser Plan zerschlug sich allerdings.