Den "ImmigrantInnen" ist der diesjährige Konzertzyklus des Klangforum Wien gewidmet. Im Unterschied zur Touristin reist die Migrantin oft gefährlich. Mitunter wird ihre Reise durch Grenzen verunmöglicht, was das angestrebte Ziel zum Ort der Sehnsucht machen kann. Das fünfte Zykluskonzert stand denn auch unter dem Motto "Sehnsuchtsort": ein Begriff, der sich ob seines symbolischen Mehrwerts gut zur Verknüpfung mit Musikstücken eignet, die in ihrer Vieldeutigkeit nahezu beliebige Interpretationen zulassen. Nur schwer lässt sich erschließen, auf welchen Ort sich die Sehnsucht in Eva Reiters Ensemblewerk "Irrlicht" richtet, in dem die Vielfalt der Ereignisse trotz hörbarer großformaler Ordnung den Eindruck des Chaotischen evoziert.
Bestimmt ließe sich Brian Ferneyhoughs erstmals in Österreich erklungenes "Liber Scintillarum", vom Klangforum unter Enno Poppe zu kostbarer Schönheit gestaltet, irgendwie mit dem Motto in Verbindung bringen. Vielleicht ist dies aber gar nicht nötig. An die Stelle organischer Klangwucherungen traten hier jedenfalls klar artikulierte Tonhöhen und -dauern, wobei beiden Werken der lichte Charakter gemeinsam ist. Eine düstere Umkehrung eines Sehnsuchtsorts bot das Ensemblewerk "Machine for contacting the dead", inspiriert von einem antiken chinesischen Grab, in dem mit dem Toten auch mehr als 100 Musikinstrumente und 21 junge Frauen bestattet wurden. In ihrer ausufernden Grabesmusik schuf Liza Lim durch die Kombination verschiedener Klangerzeuger "Meta-Instrumente", deren Klang ohne plakative Exotismen in seiner Fremdheit verstörte. Jubel.
Konzert
Klangforum Wien
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