Der Concentus Musicus ohne Nikolaus Harnoncourt - das ist beinahe ein Widerspruch in sich, so stark hat der Pionier der historischen Aufführungspraxis sein Ensemble geprägt. Und tatsächlich zeigte sich beim ersten Musikvereinsprogramm unter der Leitung des Cembalisten Stefan Gottfried, dass der Spiritus Rector der Originalklang-Formation nach wie vor in jeder Phrase präsent ist.
Das betraf das ungewöhnlich langsame Tempo im Eröffnungssatz der "Prager" Symphonie KV 504 ebenso wie die scharfen Akzente, mit denen in der Symphonie KV 184 auf fast schon expressionistische Weise klangliche Härten herausgearbeitet wurden. Auch ein gelegentliches Rubato zeugte von der alles andere als wissenschaftlich-trockenen Lebendigkeit der Harnoncourt’schen Musikauffassung. Für Auflockerung sorgten Karina Gauvin und Florian Bösch als Einspringer für die erkrankte Genia Kühmeier - Erstere als vibratostarke Contessa Almaviva, Letzterer als Publikumsliebling, der zuletzt als ungeduldiger Don Giovanni Heiterkeit bescherte.
Jubel für Gottfried
Die Musiker hatten sichtlich Spaß am kammermusikalischen Zusammenspiel - Selbstständigkeit war ohnedies schon zu Harnoncourts Zeiten gefragt. Dennoch stellt der Widerspruch zwischen diesem demokratischen Geist und der fast beispiellosen Dominanz des charismatischen Gründers den Concentus vor keine geringe Herausforderung. Gottfried, der mit Erich Höbarth und Andrea Bischof als neuer Leiter firmiert, erntete für seine respektgebietende Bewältigung der undankbaren Aufgabe am Sonntag jedenfalls Jubel.
Konzert
Concentus Musicus
Wiener Musikverein