Offenbar erleichtert, nach den Brexit-Tumulten nun bald von Innenministerin Theresa May abgelöst zu werden, lag dem britischen Premierminister David Cameron am Montag ein kleines Liedchen auf den Lippen. Nachdem er vor seinem Amtssitz angekündigt hatte, dass Großbritannien "bis Mittwochabend in diesem Gebäude einen neuen Premierminister" haben werde, summte er ein paar Töne, als er in das Haus in der Downing Street 10 zurückkehrte.
Cameron hatte das Mikrofon noch nicht abgelegt und der Fernsehsender ITV schnitt das Summen mit. Danach sagt Cameron kurz "gut", als sich die Tür öffnet. Dann schließt sich die Tür hinter ihm und ein Rascheln lässt darauf schließen, dass das Mikrofon abgenommen wird.
Politische Kommentatoren waren sich auf Twitter nicht ganz einig, welches Lied der scheidende Premier anstimmte. Rob Hutton von der Nachrichtenagentur Bloomberg's tippte auf die Titelmelodie der US-Serie "West Wing", während Robert Peston vom Sender ITV sich eher an den Bären Winnie Puuh erinnert fühlte. Der britische Radiosender Classic FM unterzog das Gesumme einer musikalischen Analyse und stellte unter anderem die Theorie auf, es handle sich um die fünfte Sinfonie von Schostakowitsch. Hier ein direkter Vergleich:
Er, world exclusive: Cameron was humming Shostakovich's 5th & here's the proof...@richjamesuk@BBCDanielS@Pestonpic.twitter.com/BoKF6tZQ7L
Magnus McGrandle (@magnusmcg) 11. Juli 2016
Zu diesem Werk lassen sich nicht nur musikalische, sondern sogar historische Bezüge herstellen: Kurz bevor Schostakowitsch diese Sinfonie komponierte, wurde er von Stalin öffentlich kritisiert und zurechtgewiesen. Es würde ein böses Ende nehmen, wenn Schostakowitsch seinen musikalischen Stil nicht ändere, schrieb der Diktator in einem Artikel. Daraufhin verpasste Schostakowitsch seiner fünften Sinfonie den Untertitel "Die Antwort eines sowjetischen Künstlers auf Kritik". Auch David Camerons Rücktritt könnte als solch ein Protestakt verstanden werden.
Aber Schluss mit den Mutmaßungen: Während Musikwissenschafter rätselten, machten sich Musiker ans Werk und nutzten Camerons Tonabfolge als Anstoß für eigene Kompositionen - nicht zuletzt dank eines Aufrufs des Radiosenders "Classic FM". Die venezolanische Pianistin Gabriela Monteiro etwa beeindruckte mit dieser barocken Improvisation:
Die Interpretation dieses Chors kommt Camerons Originalversion besonders nahe:
"Hastig komponiert und aufgezeichnet am 12. Juli zwischen Mitternacht und zwei Uhr früh", beschreibt Komponist Thomas Hewitt Jones seine Variation. Man merkt dem Stück allerdings nicht an, dass es unter Zeitdruck entstand.
Auch Organist George Herbert ließ sich von Camerons Melodie inspirieren: