"Vorwiegend heiteren Charakters" sei seine Siebente Symphonie, befand Gustav Mahler. Wer’s bisher nicht so recht glauben wollte, konnte sich am Sonntag in Salzburg von den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle gut eines Besseren belehren lassen.
Ein Komponist auf der Desperado-Spur, eh klar. Mahler wusste zu gut, dass seine Musik am Ende war. Wie es gleich am Beginn der "Siebenten" knirscht, eckt und hakt, dafür setzen die Berliner Philharmoniker die notwendige Energie frei, Rattle lässt die Streicher gerade diese Stellen ohne milderndes Vibrato spielen. Wie Insel-Erinnerungen wehen Motive einer alten Zeit da hinein. Ihnen wird der Marsch geblasen, dass Mahler vielleicht selbst angst und bang geworden wäre vor den Power-Leuten aus Berlin.
Aber Rattle kitzelt aus dem beiden "Nachtmusiken" dann Hinterlist und Selbstironie: Swingend und schillernd kommen die Anklänge an die Unterhaltungsmusik in der ersten, in fast keckem Ständchenton betört die zweite. Rattles klanggenaue und rhythmisch zugespitzte Walzer-Demontage im gar nicht so "schattenhaft" übermittelten Scherzo sucht Ihresgleichen.
Vor den achtzig Minuten Mahler zehn Minuten lang ein beinah leeres Podium, leere Pulte. Boulez‘ 1965 uraufgeführter "Éclat" kommt ja mit fünfzehn Instrumenten aus und beschwört durchsichtige Klangfarben-Melodien in feinen Abmischungen: Fast hinterlistig, dieses Stück ohne Pause vor die "Siebente" von Mahler zu setzen und die gespitzten Ohren so sehr der Opulenz zu entwöhnen.
Konzert
Berliner Philharmoniker
Simon Rattle (Dir.)
Salzburger Festspiele