(irr) Es gehe ihr "so gut wie noch nie im Leben", weiß Elisabeth Kulman zu berichten. "Musikfreunde", das Magazin des Wiener Musikvereins, porträtiert in seiner aktuellen Ausgabe eine Sängerin, die mit der Opernwelt zwar radikal gebrochen hat (es gebe dort "doch auch musikfremde Menschen", die "letztlich am Hebel sitzen"), als Individuum nun aber im Einklang mit ihrer "inneren Stimme" lebe.

Dieser Bruch mit der Oper ist zu respektieren - dennoch darf man ihn bedauern. Denn Kulman besitzt geradezu die Idealausstattung für die große Bühne: Ihr rot glosender, vom Alt bis ins Mezzo-Register reichender Klang bricht bei hohen Lautstärkegraden nicht ein, sondern gewinnt noch an Prägnanz und Dichte; zugleich betört diese Stimme im Piano mit luftigen Bögen, und sie weiß auch als Trägermedium der menschlichen Emotion eine enorme Bandbreite auszuschöpfen. Kurzum: ein Königreich für Elisabeth Kulman auf der Opernbühne.

Vom einfühlsamen Eduard Kutrowatz klavierbegleitet, glänzten diese Fertigkeiten nun zumindest in einem Liederabend im Brahms-Saal. Gewiss: Mit Schuberts "An den Mond" anzufangen zeugte von Mut, müsste die Stimme für diese Silber-Ode doch schon die volle Betriebstemperatur erlangt haben. Die war dann aber rasch hergestellt in dem Schubert-Block. Das fahrige "Gretchen am Spinnrade", auch die als Existenzerfahrung dargereichte Szene "Der Tod und das Mädchen" setzten Highlights an bedrückender Düsternis. Diese warf dann noch einige Schatten auf die Liszt-Hälfte, sah dort aber auch fidele Kontraste, etwa das kokette "Was Liebe sei?" oder das Porträt der müßigen "Drei Zigeuner". Vier Zugaben, darunter die sanfte Überwältigung "Es muss ein Wunderbares sein": Jubel.

Konzert

Elisabeth Kulman

Wiener Musikverein