Tatsächlich ist es Pogorelich, der da bereits vor Konzertbeginn am Klavier sitzt und die Finger über die Tasten gleiten lässt. Pogorelich in Wohlfühlhose und mit Haube. Als überlege er sich gerade, was er mit den Stücken denn heute anstellen könne. Erst zwei Minuten vor Beginn wird er von der Bühne geholt, um etwas verspätet in den Frack gepackt diese wieder zu betreten. Dann beginnt der Spaß.

Erst wird Mozarts Fantasie in c-Moll seziert. Zerhackt und neu zusammengesetzt. Während die linke Hand schon ins Andantino übergeht, schraubt die rechte noch am Hocker, um die Sitzhöhe zu perfektionieren.

Anschließend Beethovens Sonate in f-Moll. Dämonisches Trillern in den Tiefen mit links, zarteste Sanftheit zugleich mit rechts. Unter der Kraft, die in diesen Händen steckt, bäumen sich die Klänge in wilder Ekstase auf, um wieder in besänftigter Apathie zur Ruhe zu finden. Die Noten dienen ihm dabei bestenfalls als Orientierung. Was er da aber spielt, ist etwas ganz Anderes: Eine eigenwillige Interpretation, die Pogorelich kompromisslos bis zum Ende führt.

So klingt Chopins Ballade Nr. 3 wie ein Spaziergang in den Abgrund. Kraftvoll und düster. Und in Liszts Etüden werden die Extreme ausgereizt, das Furiose behält die Oberhand, gleichzeitig zeigt sich eine orchestrale Vision des Klavierspiels. Ravels "La Valse" schließlich verzerrt Pogforelich bis zur Unkenntlichkeit. Die Walzermelodie dient ihm dabei als Grundmasche, auf die er seine Untergangsszenarien strickt. Wiener Walzer auf apokalyptische Art. Pogorelich ist nun mal ein Ritter der Extreme. Das Mittelmaß überlässt er anderen. Eine Wohltat.

Konzert

Ivo Pogorelich, Klavier

Wiener Konzerthaus