
Wenn Waltraud Meier sich an die Arbeit macht, dann mit vollem Einsatz. Kopfüber stürzte sie sich auch in der Wiener Staatsoper in ihr Solistenkonzert. Zunächst Lieder von Johannes Brahms: Die große Vortragskunst von Waltraud Meier, am Mittwoch gehüllt in ein wehendes Kleid voller roter Blumen, trat in jedem einzelnen Stück zutage. Die erzählten Geschichten erschlossen sich, die Szenerien waren nahezu sichtbar, der besungene Fliederbusch förmlich zu riechen. Am eindringlichsten gelangen "Von ewiger Liebe" und "Die Mainacht".
Kluge und plastische Textgestaltung
Die kluge und plastische Textgestaltung erreichte in den Liedern von Hugo Wolf (allesamt auf Texte von Eduard Mörike) ihren atmosphärischen Höhepunkt, vor allem bei "Das verlassene Mägdlein" und "Verborgenheit".
Der Mezzosopran der Waltraud Meier hat seinen Zenit bereits überschritten. Von den Rollen der Isolde und der Kundry hat sich die bedeutende Wagner-Interpretin verabschiedet. Eigenverantwortlichkeit war stets eine der Stärken der Künstlerin. Und natürlich ihr Charisma. Bis heute.
Mit Joseph Breinl klappt das Zusammenspiel perfekt: Den Liedpianisten zeichnet die schöne Verbindung von selbstständiger Interpretation mit souveräner Sicherheit aus. Nach dem zweiten Teil mit Richard Wagners "Wesendonck-Liedern" und dem "Lied der Waldtaube" aus Arnold Schönbergs "Gurre-Liedern" folgten drei begeisternde Zugaben: Mozarts "Als Luise die Briefe", Schuberts "Erlkönig" und schließlich Wolfs "Abschied".