Eigentlich verwunderlich: Warum wird Franz Schuberts geistlicher Schwanengesang, die Messe Es-Dur D 950, gar so selten gespielt? Sie ist neben Mozarts c-Moll-Messe und der Missa solemnis von Beethoven ein herausstechendes Beispiel für Musik, die Kirchenraum und Liturgie weit hinter sich lässt. Und sie ist ein Solitär ihrer Gattung im 19. Jahrhundert. Erst knappe vier Jahrzehnte später schrieb einer eine Messe von ähnlich blockhafter und zugleich melodienseliger Art - Bruckner mit seiner Messe in e-Moll.
Und doch ist die Es-Dur-Messe "echter" Schubert. Dass beides, die kühnen architektonischen Auftürmungen mit jähen Abbrüchen und das Liedhafte gleichermaßen überzeugte, dafür sind Riccardo Muti, die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor und die Wiener Philharmoniker bei den Salzburger Festspielen Garanten. Am Sonntag war das erste der traditionell drei Muti-"Philharmonischen" auf Ferragosto hin. Die Hauptrolle spielt der von Ernst Raffelsberger einstudierte Chor, umgarnt von den Holzbläsern. Das ist Mutis ureigenstes Terrain. Die Schubert-Messe nahm Muti entschieden ernst - im Gegensatz zu Schumanns Zweiter Symphonie vor der Pause, über deren Wiedergabe man bestenfalls sagen kann, dass kein Orchester so gewinnend raspelt wie dieses.
Schubert hat sich auch besetzungsmäßig Extravaganzen erlaubt. Zwei Tenorsolisten (Michael Spyres, Maciej Kwasnikowski) und der Sopran (Krassimira Stoyanova) treten erst im Credo in Erscheinung. Vor allem die Lied-Leichtigkeit vom Staatsopernchor hat sich an diesem Abend nachhaltig eingeprägt.