Julie Ann Giacobassi spielte mit ihrem Englischhorn im Ensemble der San Francisco Symphony gerade die zweite Sinfonie von Gustav Mahler, als sich eine der Tasten ihres Instruments in den Falten ihres Rocks verfing. "Ich dachte: Oh nein, das war es jetzt", erzählt die Musikerin der "New York Times". Giacobassi schaffte es, die Sinfonie zu Ende zu spielen - und ging nach dem Konzert einen Frack kaufen, wie ihn die männlichen Musiker im Orchester trugen. Damals in den 1980er Jahren war das ungewöhnlich, heute ist es fest in der Kleiderordnung ihres Orchesters in San Francisco verankert: Frauen dürfen schwarze Kleider, lange Röcke, Hosenanzüge oder auch Frack tragen.

Dass Frauen in Symphonieorchestern spielen, ist längst kein Diskussionsthema mehr. Nicht einmal bei den Wiener Philharmonikern. Auch wenn deren Frauenquote mit etwa zehn Prozent nach wie vor unterdurchschnittlich ist. Viele Instrumentengruppen - vom Schlagwerk über den Kontrabass bis zu vielen Bläsern - sind nach wie vor reine Männersache. In anderen internationalen Orchestern ist man da viele Schritte weiter. Fast die Hälfte der renommierten New Yorker Philharmoniker etwa sind Frauen. Eine Frage, die jedoch nach wie vor die Gemüter erhitzt: Wie sollen die Frauen in Orchestern sich auf der Bühne kleiden?

Frauen erlaubt,
aber als Männer getarnt

Bei den Herren ist die Sache traditionell klar geregelt. Die philharmonischen Wiener etwa tragen abends ganz klassisch Frack und tagsüber Stresemann, einen Dreiteiler mit grau-schwarz gestreifter Hose, grauer Weste, weißem Hemd mit Krawatte und schwarzem Jackett. Die Damen spielen ganz in Schwarz - und ausschließlich in Hosenanzügen. Eine Regelung, wie es aus dem Orchester heißt, die auf Wunsch der Frauen getroffen wurde. Die 2017 vorgestellte schicke Konzertkleidung aus dem Hause Vivienne Westwood ist derzeit ausschließlich für das Neujahrskonzert vorgesehen. Im Alltag sind die maßgeschneiderten Anzüge mit grauer Bluse beziehungsweise Weste - schon wegen der vielen Substitute - nicht praktikabel. Böse Zungen behaupten, die Wiener Lösung würde die spät in die Reihen des Klangkörpers aufgenommenen Frauen kurzerhand als Männer gekleidet tarnen.

In anderen Orchestern träumt man hingegen vom Recht auf Hosen: Der Dresscode schreibt etwa den New Yorker Kolleginnen für Konzerte ausschließlich Kleider oder Röcke vor. Auch bei den gerade zu Ende gegangenen Salzburger Festspielen, bei denen neben den Wienern auch viele andere internationale Orchester zu Gast waren, zeigte sich: Lange schwarze Kleider oder Röcke sind bei vielen Klangkörpern Pflicht.