Nicht weniger als den Schöpfungsprozess wollte Mahler mit seiner Dritten Symphonie klanglich abbilden. Dass das Ergebnis dabei nicht bescheiden ausfallen kann, versteht sich. Dass das Vorhaben jemanden wie Nelsons reizt - auch klar. Denn Nelsons sieht sich gerne als Mann der Extreme. Als jemand, der an die Grenzen geht und gerne auch darüber hinaus.

Wuchtige Natur und Landschaft im ersten Teil, Geist und Leben im zweiten: So kann man diese Symphonie in die Vorstellungswelt übertragen. Die Gebirgswelt von Steinbach am Attersee (die Kulisse von Mahlers Schaffensprozess) rückt Nelsons in den Vordergrund im ersten Satz. Es ist, als würde er die Felsen in die Luft meißeln. Diabolisch dampfen die Kontrabässe, bedrohlich blasen die Bleche, als würde sich das Geröll verselbstständigen und den Zuhörer in die Tiefe reißen. Nelsons setzt auf Überwältigung. Wenn es volltönig wird, verstärkt er dies so, dass es einen zumindest in den vorderen Reihen beinahe vom Sessel bläst. Es gelingt ihm aber diesmal besser, die Linienführung zu halten. Eine Voraussetzung bei dieser tonsprachlichen Komplexität. Passabel Susan Graham im Alt-Part, die Damen des GewandhausChors sowie der "Knabenchor", der kein reiner Knabenchor ist, sondern der GewandhausKinderchor.

Das Boston Symphony Orchestra hat manchmal Schwierigkeiten, seinem Maestro präzise zu folgen, gerade in der Feinabstimmung etwa zwischen Geigen und Celli, aber auch in der Posthornweise. Abgesehen davon ein Genuss für Fans des Pathos.

Konzert

Boston Symphony Orchestra

Susan Graham (Alt)

GewandhausChor

Andris Nelsons (Dirigent)

Musikverein