Mit welcher Besessenheit die Klaviere ihre Rhythmen hämmern, wie die Bläser im "Ave formosissima" aufstrahlen, mit welch grandioser Geste die Klangsäulen von Anfang und Schluss geradezu niederschmettern, das hat wenig seinesgleichen: Die "Carmina burana" aus Pekings Verbotener Stadt zeigen, dass Carl Orffs elementare Musik zwar tief in Bayern wurzelt, aber international verstanden wird. Der Frühling kommt überall, getrunken wird überall und überall wird geliebt. "In trutina" gesungen von Aida Garifullina: ganz schlicht und zart und berührend. Ludovic Tézier gefällt bei den schwärmerisch ausgekosteten Frühlings- und Liebesliedern, für die Trinklieder könnte er ein paar Promille Gegröle hinzufügen. Das Shanghai Symphony Orchestra agiert fabelhaft, Dirigent Long Yu hält die Zügel straff in der Hand. Und was den Chor betrifft - den stellt die Wiener Singakademie, und besser geht es nicht. Die optische Komponente beeindruckt durch den Ort der Aufführung, da es aber eine konzertante Darbietung ist, würde die CD genügen.

Auf der DVD findet sich weiters das Zweite Klavierkonzert von Sergej Rachmaninoff mit Daniil Trifonov als überzeugenden Solisten, sonst aber nicht unbedingt hörenswerter Interpretation.

Welch ein seltsamer Komponist war dieser Rued Langgaard! Die Musik des Dänen wurzelt in der Romantik, was angesichts der Lebensdaten des Komponisten (1893 bis 1952) verständlich ist, aber sie schlägt in alle Richtungen aus, ist einmal konservativer, als man erwarten würde, dann wieder so neuartig, dass man die Begeisterung von György Ligeti versteht. Und alles kann einem im selben Werk begegnen.

Etwa in der Zweiten Symphonie, "Frühlingserwachen": Der kleinste gemeinsame Nenner der Elemente ist in etwa Richard Strauss, aber abschnittsweise klingt das Werk wie früher Wagner, ehe sich die Klänge momentweise zu absonderlichen Akkorden verdichten, wie man sie auch bei der Zweiten Wiener Schule finden kann. Es ist ein Jammer, dass die Sopranistin Anu Komsi ihren Part des strahlenden Finalsatzes nur mit merklicher Anstrengung bewältigt. Ein ähnliches Bild wie die Zweite zeichnet auch die Sechste Symphonie ("Das Himmelreißende"): Langsame Abschnitte im konventionellen Adagio-Schwelgen, schnelle Abschnitte in Richtung der rücksichtslosen Stimmführungen des Neoklassizismus voranpreschend. Irgendwie verliert man sich in dem Werk - was, andererseits, das Aufregende daran ist. Dirigent Sakari Oramo sind beide Werke ein merkliches Anliegen. Die Wiener Philharmoniker beweisen, dass diese seltsamen Gebilde zwischen Schumann und Schönberg genau "ihre" Musik sind.