Als George Lucas begann, seine "Star Wars"-Filme so richtig auszuschlachten - nicht nur im Kino, sondern auch in den Kaufhäusern -, ging er fast kreativer zu Werke als in seinen Drehbüchern. Seit Ende der 70er ergießt sich ein Strom an Fanprodukten über die Welt: vom Federpennal bis zum Faschingskostüm, von der Bürotasse zur Bettdecke, vom Panini-Sammelalbum bis zur Plastikfigur.

Eines hätte sich Lucas aber wohl kaum ausgemalt: Dass eines Tages eine Stargeigerin in diesem Imperium mitmischen würde. Noch dazu eine, die höchstes Ansehen in der Klassikszene genießt. Doch tatsächlich: Anne-Sophie Mutter, Grande Dame der Geige, legt dieser Tage ein Album mit Filmmelodien aus der "Star Wars"-Reihe vor. Da entsendet Yoda, der grüngesichtige Guru der Jedi-Ritter, seine gewohnt sanften Melodiegrüße. Und da erglüht auch das Leitmotiv von Rey, dieser jüngsten Heldin der mittlerweile achtteiligen Filmreihe.
"Across the Stars" heißt das Album, bietet aber nicht nur sternenkriegerische Noten. Die CD schöpft aus dem gesamten Werk von John Williams - jenem Filmmusiker, der zwar nie ohne Anleihen auskam (Erich Wolfgang Korngold, Gustav Holst!), aber zugkräftige, markante Melodien schmiedet. So kann Mutter dann auch atmosphärische Erinnerungen an den Wunderknaben Harry Potter ("Hedwigs Theme") wecken, an "Schindlers Liste" oder an "Die Geisha".
Nur: Warum spielt sie diesmal Blockbuster-Beigaben statt Beethoven? Mutter selbst hat es jüngst in Salzburg erklärt: Weil sie Williams schlicht für ein Genie hält. Ihr Erstbesuch in der "Star Wars"-Galaxie, 1978 in einem Provinzkino, hat sie auch musikalisch elektrisiert. Jahrzehnte später hat ihr Ehemann André Previn dann den Kontakt zum bewunderten Maestro hergestellt. Mutter schrieb ihm so lange inständige und schwere Briefe (befüllt mit deutschem Lebkuchen), bis Williams in eine Zusammenarbeit einwilligte. 2017 führte dies zu einem Violinkonzert ("Markings"), nun schließt sich das Best-of-Album an.
Wer meint, Williams habe dafür nicht zum Komponistenstift gegriffen, irrt aber: Der 87-Jährige lässt die Film-Hits nicht einfach von der Edelgeige aufsagen. Vielmehr hat er seine Stücke zu Violinfantasien umgemodelt. Der Ablauf ist meist derselbe: Umschmiegt von einem Orchester, wird die Melodie erst von der Geige gesungen und danach vom Ensemble wiederholt, während Mutter mit brillantem Zierrat beginnt. Das führt zu durchaus aparten Zwitterwesen aus Kunst- und Leinwandmusik, auch deshalb, weil die Solo-Geige mit delikater Tongebung glänzt und das ihr zugedachte Virtuosenfutter dankbar aufgreift (etwa in "Hedwigs Theme" oder "Donnybrook Fair").
Zwar bleibt ein Wermutstropfen: Wie aller Filmmusik fehlt auch diesen Stücken das gewisse, gehaltvolle Etwas, wenn sie von der Leinwand abgelöst werden. Gediegener und raffinierter haben Kinomelodien aber selten geklungen.