Öffnet man die CD-Box, hat man, nebst vier statt der angekündigten drei CDs, auch zwei Vogelfederchen in der Hand. Welch originelle und poetische Idee! Überhaupt passt bei dieser Box alles perfekt zusammen: Pierre-Laurent Aimards Einspielung von Olivier Messiaens "Catalogue des Oiseaux" ist ein Wunder.

Der Vogelstimmenliebhaber Messiaen fasst die Vögel Frankreichs in dreizehn Sätzen höchst unterschiedlicher Länge zusammen: Während die Kurzzehenlerche nur fünf Minuten in Anspruch nimmt, dehnt der Teichrohrsänger seinen Auftritt auf eine halbe Stunde aus. Messiaen transkribiert die Vogelstimmen aber nicht einfach für Klavier solo, er bettet die Sänger in ihre natürliche Umgebung ein - zu der auch weitere Vögel gehören, als wäre ein Protagonist von einigen Nebendarstellern umgeben.

Messiaens besondere Begabung bestand darin, dass jeder Sinneseindruck für ihn zu Klang wurde und umgekehrt, ob das nun Farben waren oder Landschaften. Skalen jenseits der Dur-Moll-Tonleitern, rhythmische Reihen und Akkordbildungen auf der Basis von Resonanzen machten Messiaen zum Vater der Nach-1945-Avantgarde. Doch so spekulativ und konstruktiv seine Materialien sein mögen: Seine Musik ist schön, sinnlich, leuchtend und jubilierend selbst in einem der spröderen Werke, zu denen der "Catalogue" zweifellos zählt.

Aimard, der auf einer Bonus-CD über das Werk und Messiaen erzählt, spürt wie kein anderer Pianist den Resonanzen nach, bei ihm werden die technisch aberwitzig schwierigen Ketten der Vogelrufe zu Girlanden von Klängen und Farben. Der Zuhörer fällt in den Zauber dieser Musik so vollständig hinein, dass er, wie unter Hypnose, das Zeitgefühl verliert. Musik - Magie: Aimard macht es möglich!
Übrigens: Die Box wird zu sehr unterschiedlichen Preisen angeboten. Im Internet-Versand liegt sie nach heutigem Stand bei rund 40 Euro, ein Wiener Klassik-Fachgeschäft hat sie um ca. 20 Euro.
Die Sonate für Cello solo von Zoltán Kodály ist ein Meisterwerk! In ihrer Weite und Größe sprengt sie alles, was an solistischer Literatur für dieses Instrument geschaffen wurde. Kodálys Verschmelzung von den Liedern ungarischer Bauern und höchster satztechnischer Verfeinerung ist beispiellos. Der Cellist Julian Steckel kombiniert die Sonate mit zwei anderen Werken Kodálys, der Sonatina für Cello und Klavier und dem Duo für Cello und Violine, zwei gedanklich gleichermaßen gewichtigen Werken. Steckel spürt dieser Musik mit Intensität nach, Temperament und Tiefenschau ergänzen einander zu vollendeten Interpretationen von Werken, denen auch der sonst Kammermusik-Abholde eine Chance geben möge. Welch eine fulminante Einspielung!