Das fußballbedingte Argentinienfieber kann man gleich auch musikalisch ausleben: Hilary Hahn, die beste Geigerin der Gegenwart, die obendrein die ausgetretenen Pfade meidet, hat das Violinkonzert von Alberto Ginastera aufgenommen und stattet dieses Werk, das die Grenzen der Spielbarkeit streift, mit makelloser Klangschönheit und Ausdruckskraft aus.
Ginastera (1916-1983) machte in einer ersten Schaffensperiode mit grellen Malambos Effekt, ehe er seinen Folklorismus auf die Zwölftontechnik übertrug, die bei ihm jede Sprödigkeit ablegte. Das Finale des ersten Klavierkonzerts war sogar Stoff für die Rockgruppe Emerson, Lake and Palmer. In seiner dritten Schaffensperiode schrieb Ginastera eine faszinierende Musik voller delirierender Klänge auf zwölftöniger und begrenzt aleatorischer Basis, etwa den Sex-and-Crime-Thriller "Bomarzo", eine der stärksten Opern des 20. Jahrhunderts, oder die ungeheuer suggestive Passionsmusik "Turbae ad Passionem Gregorianam".

Das Violinkonzert gehört in diese Periode - und wieder errichtet die zwölftönige Kompositionstechnik keine Hör-Hemmschwelle. Gespannt folgt man den aberwitzigen Herausforderungen für den Solisten und begeistert sich an den glühenden Klängen: Die abnorm schwierige Kadenz steht am Anfang, gefolgt von raffinierten Akkordstudien, einem langsamen Satz voller Nachtgeräusche und Zärtlichkeiten und einem rasanten wenn nicht gar rasenden Finale: ein Meisterwerk.

Dazu spielt Hilary Hahn auf der geradezu ideal zusammengestellten CD das melodiesatte Konzert von Antonín Dvořák und Pablo de Sarasates "Carmen-Fantasie": Violinfeuerwerke, vom Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt unter Andres Orozco-Estrada glänzend begleitet.
Francis Poulenc hat dem melodischen Charme Tiefe gegeben. Die bittere Süße seiner Musik, in der einander Chanson und Gregorianik begegnen, verschmolzen durch raffinierte Harmonien voller zartdissonanter Pikanterien und eine perfekte Instrumentierung, ist unvergleichlich.

"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Edwin Baumgartner.
Zu seinen schönsten Werken gehört das rund 40-minütige Ballett "Les animaux modèles" nach Fabeln von Jean de la Fontaine. Bramwell Tovey hat es am Pult des BBC Concert Orchestra eingespielt - und zwar die komplette Musik, nicht nur die Suite. Es ist ein virtuos komponiertes Wunderwerk von vollendeter Schönheit, begabt mit einem herrlichen Humor, etwa bei den streitenden Hähnen, dem aufgeplusterten Java-Walzer des verliebten Löwen, dem Can-Can des Mannes im mittleren Alter mit seinen beiden Mätressen. Doch wenn der Tod auf den Holzfäller trifft, schwindet das liebevoll spöttelnde Lächeln zugunsten einer sanften, ungemein berührenden Melodie, und am Schluss entsteht aus einem scheinbar alltäglichen Mittagessen eine Hymne von religiöser Inbrunst.
Tovey dirigiert das mit viel Gefühl für Poulencs eigenartige Klangwelten. Mit der Sinfonietta Poulencs, die im Grund eine ganz klassische Sinfonie in einer stark französisierten Haydn- und Mozart-Nachfolge ist, fehlt ein wenig das Tempo. Drei köstliche Orchesterminiaturen gibts als Füller einer CD, die insgesamt einfach glücklich macht.