(eb) Dass auf dem Cover eine Detailaufnahme des Blätterbaldachins der Wiener Secession zu sehen ist, passt. Man hätte auch Klimts "Kuss" nehmen können - oder ein anderes seiner Bilder. Hauptsache viel Gold, viel Edelsüße. Denn Franz Schmidts Zweite Symphonie ist ein hemmungsloser Rausch an Zuviel. Seine Vierte Symphonie und sein Oratorium "Das Buch mit sieben Siegeln", beide maßvoller gearbeitet, liegen in mehreren Aufnahmen vor. Nach der Zweiten Symphonie aber musste man suchen. Nun gibt es sie in einer Einspielung, die Maßstäbe setzt: Ein besseres Orchester als die Wiener Philharmoniker (bei denen Schmidt Kontrabassist) war, ist undenkbar, genau diese nostalgische Schönheit ist dem Werk angemessen - zumal der außerordentliche Dirigent Semyon Bychkov am Pult den ausufernde Schwelgen so kanalisiert, dass das Ergebnis anmutet, als wäre es Schubert - bloß in einem Anfall von Gigantomanie. Als Ergänzung das "Mondlicht"-Zwischenspiel aus Richard Strauss‘ "Capriccio": Als wolle Bychkov zeigen, dass man als großer Komponist sich auch kontrolliert unzeitgemäßer Schönheit hingeben kann.

Franz Schmidt: Zweite Symphonie. Sony, 1 CD, ca. 17 Euro.
Franz Schmidt: Zweite Symphonie. Sony, 1 CD, ca. 17 Euro.