Von der diesjährigen Hauptkomponistin Olga Neuwirth einmal abgesehen, dominieren auch bei Wien Modern die Männer. Das fällt so richtig auf, wenn das Geschlechterverhältnis einmal umgedreht wird: Bei "Wie Wir Wollen - all night long" standen ausschließlich Werke von Frauen auf dem Programm. Auch in anderer Hinsicht erschloss die Veranstaltung neues Terrain: Erstmals wurde im Rahmen des Festivals das Palais Kabelwerk bespielt, ein noch unverbrauchter Ort im suburbanen Neuland. Dazu kam, dass sich die Beteiligten wohltuend von jenen klassischer Wien-Modern-Veranstaltungen unterschieden: das Publikum durch niedrigeren Altersdurchschnitt, die Performerinnen durch eine entspannte Haltung, wie sie eher abseits traditioneller Konzertpodien anzutreffen ist.
Pulsierend und posthum
Letzterer entsprach eine Musik, die sich weniger an festgelegten Strukturen als am Prozess der Klangerzeugung orientiert. Dieser stand im Mittelpunkt von Anne La Berges "Swamp", in dem vier versierte Improvisatorinnen der hohen Kunst des Geschehenlassens frönten. Oder von Elisabeth Schimanas "Virus #2", in welchem fünf Blechbläser des Ensembles PHACE einen langsam pulsierenden Klang durch den Raum schickten. Unter den vielen Uraufführungen des langen Abends war auch eine posthume: Die Komponistin Luna Alcalay verstarb vor zwei Wochen im 84. Lebensjahr. Ihr gerade noch vollendetes Streichquintett besteht aus fragmentierten Gesten, die immer wieder in weit gespannten Oktaven verebben. Ein Vermächtnis, ebenso unprätentiös wie beeindruckend.
Konzert
Wie Wir Wollen -
all night long
Palais Kabelwerk