Kennen Sie das? Frühmorgens wuchtet man sich schlaftrunken aus dem Bett, begleitet vom nervenaufreibenden Geschepper des Weckers, und stolpert gleich einmal über die Falte im Schlafzimmer-Flauscheteppich. Dann schüttet man sich beim Frühstück den Kaffee aufs helle Oberteil und hetzt zur Straßenbahn, die natürlich gute zehn Minuten Verspätung hat. Ein guter Start in den Tag, der einem dessen restliche Dauer ordentlich vermiesen kann. Und wenn man ein angenehmer Zeitgenosse ist, so lässt man seine lieben Mitmenschen auch gleich ausgiebig am eigenen Unmut teilhaben. Erkennen Sie sich wieder?

Hiermit leiten wir zu einem zeitgenössischen Phänomen über, das auch dem Schriftsteller Heimito von Doderer im vorigen Jahrhundert schon inspiriert zu haben scheint: die große Wut des kleinen Mannes. Der sensible Künstler greift die verbalen oder in diesem Fall eher nonverbalen Diskurse in der Gesellschaft auf. Doderers grotesker Roman "Die Merowinger oder Die totale Familie" aus 1962 dreht sich um Childerich III. von Bartenbuch, brodelnder Choleriker und Egomane, der meint, das Universum rotiere nur um seine eigene rotglühende Rübe. Auch ist da der Psychiater Dr. Horn, seinerseits gefragter Ärger-Experte und Ersinner ungewöhnlichster Therapiemethoden. So zum Beispiel fordert er seine Patienten zu einem wütenden Marsch bei erhebender Musik auf, während er hintendrein geht und ihnen mit einem Stock auf den Kopf schlägt. Und dann ist da noch Schwester Helga, die nebenbei ein Doppelleben als Agentin pflegt. Des Weiteren wird natürlich auch Raum belassen für eine Menge tobender, schäumender, haareraufender Wutanfälle.

Immer drauf aufs Porzellan

Im Sinne des Grundthemas des "Merowinger"-Stoffes wird auch den Wienerinnen und Wienern vor Spielstart am 11. September in unmittelbarer Nähe zum Volkstheater die Möglichkeit gegeben, sich einmal ordentlich abzureagieren, um dann befreit und tiefenentspannt von dannen und am besten gleich zur Aufführung der "Merowinger" ins Volkstheater zu spazieren. Therapierequisit wird hierbei der sogenannte "Wutraum", ein durchaus nicht schalldichter Glaskubus in dem, nach Anlegen von Schutzanzug und -brille, mit Baseballschläger und Vorschlaghammer gehörig ausgeteilt und draufgehauen werden darf, dass die Scherben nur so spritzen. Opfer ungezügelter Gewalt sind hierbei ausgedientes Porzellan, Elektrogeräte und IT-Zubehör.

Der "Wutraum" befindet sich im Haupthof des Wiener Museumsquartiers und ist noch bis 11. September täglich von 16 bis 20 Uhr geöffnet. Man halte Ausschau nach menschlichen Boxsäcken in dezentem Schwarz und lasse sich den Weg weisen. Nach einer Anmeldung vor Ort und einer raschen Einweisung darf dem Ärger für fünf Minuten freier Lauf gelassen werden.