Der Dschungel macht keine Gefangenen

Hubert Hasler hat sich mit dem Drüsigen Springkraut eindeutig übernommen. - © Hubert Hasler
Hubert Hasler hat sich mit dem Drüsigen Springkraut eindeutig übernommen. - © Hubert Hasler

(cai) Vor Jahren hab ich einmal eine Maus gefangen. Mit so einer Metallbügelfalle. Genau genommen hab ich sie also umgebracht. (Die klassische Mausefalle macht bekanntlich keine Gefangenen.) Das tut mir immer noch sehr leid. Aber sie hatte halt das Kabel von meinem Kühlschrank angenagt.

Ein exotischeres Nagetier ist Tina Ribarits in die Falle gegangen. Ein Aguti. (Natürlich nicht in ihrer Küche.) Ihre Falle macht freilich auch keine Gefangenen. Die fängt die Tiere lediglich mit der Kamera ein: die Kamerafalle. (Überwachungskameras sind mittlerweile ja sogar bis in den tiefsten Dschungel vorgedrungen.) Im Tiergarten Schönbrunn hätte die Wienerin ein Aguti sicher bequemer beobachten können (noch dazu live - und im Plural), trotzdem hat sie sich lieber in der echten Wildnis umgeschaut statt in der nachgemachten. War im "Regenwald der Österreicher". Wir haben einen Regenwald? Ja, anscheinend. In Costa Rica. Ein Naturschutzgebiet mit einer Tropenstation der Uni Wien wird jedenfalls so genannt.

In der Galerie Reinthaler deutet Ribarits nun multimedial und raumgreifend einen Dschungel an, hat sie ihre intensive Begegnung mit diesem in eine markant reduzierte Installation transformiert. Naturversatzstücke (Äste, Steine), das Kamerafallen-Foto, ein Video (quasi bewegte Suchbilder mit Totenkopfäffchen), Zeichnungen von Vögeln und schwungvolle "Aquarellschlangen". Die schwarzen Äste mit Seilen als Fake-Lianen korrespondieren mit den dunklen Strichen des Aquarellstifts, werden selber zur grafischen Geste und zeichnen dabei zugleich das Bild eines bedrohten Lebensraumes (auch wenn kein Feuer das Holz geschwärzt hat, das ist bloß Farbe). Geschickt lässt Ribarits die Natur in die Kunst kippen und wieder zurück.

Galerie Reinthaler

(Gumpendorfer Straße 53)

Tina Ribarits, bis 9. November

Di. - Fr.: 14 - 18 Uhr

Sa.: 12 - 15 Uhr

Invasion der Grünen

(cai) Sie sind längst unter uns und nicht alle kommen in Frieden. Der Hubert Hasler hat jetzt gleich einmal ein paar von ihnen (okay, auch gut integrierte) vor einem begeisterten Publikum gehäckselt. Da häckselt einer Aliens? Sozusagen. Und die sind sogar tatsächlich grün. Weil es sich eigentlich um Grünzeug mit "ausländischen" Wurzeln handelt. Um irdische Aliens. Neophyten. Zuagraste Pflanzen, die eine Bereicherung sein können oder eine echte Plage.

#overrun" (überrannt) heißt die Schau im 12 - 14 contemporary. Klingt nach einer Invasion. Dabei wirken die Gfraster in den Blumenstillleben so harmlos. Blühen auf den Fotos einfach hübsch vor sich hin. Alle hat der Künstler im urbanen Raum gepflückt. "In der Stadt ist oft mehr zu finden als am Land." (Ach, gibt’s das Problem der Landflucht nun bereits bei den Pflanzen?) Und hat sie dann eh sehr gastfreundlich behandelt. Hat ihnen was zu trinken angeboten, sie also in eine Vase gesteckt. Na ja, eine Floristikmeisterschule hat er halt ebenfalls besucht. In einem skurrilen Selbstporträt wird er von seinem Strauß total überwuchert. Und wenn er mit einem Japanischen Staudenknöterich auf den Bus wartet, wird er zum Schlepper. He, wie der Kolumbus mit seinem Mais. Nur ohne Schiff. Neophyten werden vom Menschen aber auch unabsichtlich verbreitet. "Manche pflanzt man in den Garten und die hauen dann ab." Apropos abpaschen. Einer Kartoffel-Rose wollte er gar zur Weltflucht verhelfen. Hat sie kurzerhand an eine Silvesterrakete gebunden. (Oder ist das die Methode der Unkrautvernichtung nach dem Glyphosat-Verbot?)

Und jetzt dieses Häcksel-Gemetzel an illegalen Einwanderern. (Einer, ein Götterbaum, hatte sich besonders frech gleich direkt neben der Polizeiwache am Karlsplatz niedergelassen.) Eine Xenophobie-Performance? Blödsinn. Es geht um Pflanzen, bitte. (Oder?) Außerdem werden die Schnipsel von den Schuhen der Besucher ja wieder in die Stadt zurückgetragen, bleiben ein Teil von ihr. Und Hasler ist in Wien doch selber ein Alien (ein Steirer). Mit humorvollem Ernst wird hier das ambivalente Thema Migration angepackt. Und das betrifft alle. Auch die Botanik.

12 - 14 contemporary

(Schleifmühlgasse 12 - 14)

Hubert Hasler, bis 26. Oktober

Do., Fr.: 14 - 19 Uhr

Sa.: 11 - 14 Uhr