Ein bisschen ein Schreck ist es schon. Wenn man dem Ja-Natürlich-Schweinderl gegenüber steht. Und zwar in Taschenform. Der österreichische Modedesigner Carol Christian Poell hat dem Ferkel einen Henkel verpasst und so steht es nun in der Ausstellung "Show Off. Austrian Fashion Design".

Nicht alle Entwürfe, die man da sieht, sind so nah an der Schnittstelle zur Kunst wie dieser. Das ist nur logisch: 250 Exponate von 60 Designern sollen einen üppigen Überblick geben darüber, was Österreichs Modeszene seit den 80er-Jahren auf die Beine gestellt hat. Architekt Gregor Eichinger hat dafür eine Gerüstkonstruktion gebaut, in der diese Stücke wie in einer sehr extravaganten Boutique aufgehängt sind. Dieser begehbare Gitterwürfel ist auch ein Brückenschlag in jene Zeit, die die Ausstellung als Ausgangspunkt für die Entwicklung des österreichischen Modeschaffens ansieht: als in der Wiener Disco U4 die sogenannte U-Mode präsentiert wurde. Eine Zeit, in der in Wien mit Mode-Events vor allem gemeint war, dass die "Nadelprinzessin" gewählt wurde - wie Erich Joham (Berufsbezeichnung "Glücksbringer der Szene") in einem der Interviews im Eingangsbereich der Schau erzählt. Da setzte das Szenelokal 1984 natürlich ganz neue Maßstäbe. Und Gregor Eichinger stellte schon damals das Bühnenbild für die Modeschau her - aus Pappkarton um 2000 Schilling.
Eingeschleuste Trachten
Auf mehreren hochkant gestellten Leinwänden erzählen neben Joham einige andere Protagonisten der Modeszene. Aus der Pionierzeit etwa Ossi Schellmann, U4-Gründer, und Gery Keszler, der von seinen Engagements als Stylist und Make-up-Artist bei Thierry Mugler erzählt. Modejournalistin Elisabeth Längle berichtet launig, wie es ihr gelang, österreichische Trachteneinflüsse bei französischen Modeschöpfern unterzubringen, die sich drei Saisonen lang halten sollten. Aus den 90ern lässt man Model Werner Schreyer zu Wort kommen, die Modetheoretikerin Monica Titton spricht über die Anfänge der Wiener Streetstyle-Blogs. Diese "Talking Heads" sind zwar eine eindrucksvolle Installation, leider sind die Interviews nicht sehr prägnant geführt.
Ähnliches gilt für den Videotunnel, der einen weiteren Bodensatz der österreichischen Modeszene feiern will: die Mode-Gastprofessuren an der Angewandten, die der kürzlich verstorbene Rektor Oswald Oberhuber eingeführt hat. Ein roter Teppich beziehungsweise ein Laufsteg ist da ausgelegt zwischen zwei schrägen Leinwänden, auf denen die Modeschauen der Studenten gezeigt werden - vom ersten Professor, Karl Lagerfeld, über Vivienne Westwood bis zuletzt Hussein Chalayan - im Schnelldurchlauf mit Schlagwort-Charakterisierung gezeigt werden. Mehr als einen flüchtigen Eindruck vom Ideenreichtum erhält man dabei aber nicht.
Helmut Langs Erbe
Das Herzstück der Ausstellung ist aber ohnehin der Raum, der am unmittelbarsten die Schöpfungen der österreichischen Designer präsentiert. Der von den Nazis aus Österreich vertriebene Rudi Gernreich, der in den 70er-Jahren mit gewagten Ideen wie Oben-ohne-Mode von sich reden machte (und von dem die Raumanzüge der Mannschaft der "Mondbasis Alpha 1" stammen) und Helmut Lang sind die wohl "internationalsten" Namen dieser Präsentationen. Langs Kreationen, die Tragbarkeit immer mit einer kleinen Zumutung kombinierten, erweisen sich hier als sehr zeitlos.
Aber praktisch alle ausgestellten Designer haben es zu internationalen Engagements gebracht. Marina Hoermanseder ist mit einem ihrer gegürteten Sanduhrkleider in Rüstungspanzer-Anmutung vertreten, Petar Petrov mit einem Anzug in Teppich-Optik mit Anleihen bei chinesischen Kriegern. Arthur Arbesser, der heuer die Ballettkostüme beim Neujahrskonzert beisteuerte, mit typischen Harlekinkaros, Andreas Kronthaler (Vivienne Westwoods Lebensgefährte) mit pinkem Knallfolienkopftuch und Plüschleopard-Stiefeletten. Die breite Palette zeigt sich auch, wenn an einem Ende des Spektrums Thomas Kirchgrabners weißes Abendkleid mit kunstvoller gleichfarbiger Perlenstickerei einer prunkvoll-farbenfrohen Robe von Susanne Bisovsky mit fast ekstatischen Zitaten aus der Trachtenfolklore am anderen Ende gegenübersteht.
80er-Jahre im Heute
Chronologisch ist die Aufstellung nicht, Positionen aus den 80er-Jahren sind unter "moderne" gemischt. Das demonstriert auf der einen Seite, wie heutig Designs etwa von Sissy Pink noch wirken - das hat freilich den Nebeneffekt, das manch Visionäres aus späteren Jahren schnell nicht mehr so visionär wirkt.
Die Beschriftung mindert die Freude an der außergewöhnlichen Darbietung etwas, bei den Karten, die an Nylonfäden hängen, weiß man oft nicht auf Anhieb, welches Produkt zu welchem Designer gehört. Schade, jeder von ihnen hätte sich diese Bühne verdient.