In der Albertina findet ein Paarlauf mehrerer Sammlungen statt, die aus der Schweiz zu Besuch sind: So mischt sich zu der hauseigenen Sammlung Batliner jene Othmar Hubers mit Franz Marc und Pablo Picasso. Der große Auftritt gilt aber, neben den etwa 20 französischen Werken der klassischen Moderne, die Batliner kaufte, bis zum Mai der Sammlung Hahnloser mit 80 Meisterwerken.
Hedy und Arthur Hahnloser begannen 1907 zu sammeln, sie mit einer Malerausbildung im Hintergrund, und beide immer in engem Kontakt zu den Künstlern Ferdinand Hodler, Félix Vallotton, Henri Manguin, Pierre Bonnard und Henri Matisse. Es war auch in der Schweiz zu der Zeit für einen Arzt ungewöhnlich, die internationale Gegenwartskunst zu fördern, aber in der nächsten Generation gab es mit Robert Hahnloser sogar einen Kunsthistoriker, der in Wien bei Julius von Schlosser studierte und Professor in Bern wurde.
Erstklassige Meisterwerke
Die besondere Auswahl resultiert vor allem aus dem erstklassigen Angebot, das die Künstler den Sammlern machten, denn es galt als Renommee in Hahnlosers Villa Flora vertreten zu sein. Bald wurde auf die Wegbereiter der französischen Moderne erweitert, also auf Auguste Renoir, Paul Gauguin und Paul Cézanne. Von Renoir gibt es auch eine Skulptur und einige weitere von Aristide Maillol. Ein Kunsthändler schickte fünf Werke Cézannes in einer Kiste zur Auswahl - die Hahnlosers kauften sie alle. 1916 stifteten sie über den Kunstverein Winterthur an das 1916 daselbst eröffnende Kunstmuseum, das in der Kritik schon damals als "Tempel französischer Kunst" galt. Große und bedeutende Teile ihrer Sammlung stiftete die Familie später an das Kunstmuseum in Bern. Dessen früherer Direktor, Matthias Frehner, ist daher auch der Kurator der Ausstellung in Wien.
Die Chronologie verläuft hier nicht als Geschichte der Erwerbungen, sondern kunsthistorisch. Schon im ersten Raum der Wegbereiter begegnet man, neben den Porträts des Sammlerpaars von Vallotton Vincent, van Goghs berühmtem "Nachtcafé in Arles" und seinem "Sämann" neben der "Amazone" von Edouard Manet und einigen Renoirs. Immer sind auch Papierarbeiten besonderer Qualität zu den Gemälden geordnet.
Vom Impressionismus und Postimpressionismus, vor allem den wichtigen Cézanne-Werken, geht es zu den Fauves. Dabei ist der gemäßigte wilde Maler Henri Manguin, durchaus eine Neuentdeckung für Wien. Er ließ den Umrissen der Figuren ihre Funktion, löste nur in Sachen Farben weiter auf, dabei orientierte er sich auch am Divisionismus Paul Signacs.
Nach den Gemälden von Matisse und dem weniger bekannten Albert Marquet, Fauve der ersten Stunde in Sachen Farbrevolution flächiger Prägung, folgen Henri de Toulouse-Lautrec mit seinem sensiblen Menschenstudien, meist Tänzerinnen der Pariser Nachtwelt, und der Symbolist Odilon Redon, von dem die Hahnlosers auch Hauptwerke besaßen, die vor allem für die nachfolgenden der Nabis-Gruppe in ihrer noch stärkeren Formauflösung durch Farbe wesentliche Impulse gaben.
Der Saal voller Vallottons macht klar, dass dieser mit seinen abstrakten Hintergründen und neuartigen Landschaften - und nicht nur mit seinen spektakulären Akten - ein Neuerer der anderen Art war. Damals musste ein sich am Diwan räkelnder Frauenkörper bei Einladungen zuweilen abgehängt werden. Am Erstaunlichsten bleibt aber heute seine etwas linkisch am schwimmenden Stier hängende Nackte in "Die Entführung der Europa" von 1908, da sie als ein Vorbild für die Postmoderne gelten kann.
Intime Szenen
Vallottons "Die Weiße und die Schwarze" bringt sozialkritische Aspekte ein, was ähnlich für die Odalisken-Darstellungen von Matisse gelten könnte, der allerdings hier mit seiner "Frau in Grün" 1917 gegenübergestellt ist. Bei den Nabis ist Bonnards "Bootsfahrt auf dem Meer" nicht nur ein prominentes Bild, es stellt die Familie Hahnloser auf einem Schiff dar. Auf die mit lockerem Farbauftrag gemalten Spiegelungen und intimen Szenen der Nabis folgt ein letzter Raum mit Hauptwerken Ferdinand Hodlers, der 1904 in Wien eine große Karriere durch die Secessions-Ausstellung startete. Seine großen symbolistischen Frauenbilder in blauen Kleidern sind mit den Berglandschaften und einem "Blumenpflückenden Mädchen" von 1887, besondere Beispiele seiner stark auf Flächen, Linien und Farbkontraste konzentrierten Gemälde mit Inhalten wie "Blick ins Unendliche".