Es gibt Gefühle, die man verdrängen kann. Liebeskummer zählt nicht dazu. Mag der Orgasmus für Sekunden der kleine Tod sein, so ist Liebeskummer über Wochen oder Monate das große Sterben. Oft endet dieses Sterben nie und nachfolgende Beziehungen, neue Lieben, kriegen kaum Chancen, sich gegen die Schatten dieser einen vergangenen Liebe zu behaupten.

Andrea Wezdenka (47) und Christopf Manß (61) sind Kulturpersonal-Urgestein. Beide begleiteten Theaterproduktion über Monate hinweg als Regieassistenten - das sind jene Personen, die das Chaos abkriegen, das vor allem überbordend kreative Regisseure gemeinhin anrichten. Wezdenka und Manß, die sich seit Jahren gut kennen, aber kein Paar sind, erzählten sich in langen Abenden auch ihre vergangenen Liebeskummer und erzählten über die Artefakte, die geblieben sind und die erinnern. "Irgendwann", sagt Wezdenka", stelle sich jeder von uns die gleiche Frage: Wäre das nicht DAS Thema einer Ausstellung?" So entstand ihr Temporäres Museum vom Scheitern der Liebe, das nun ausschließlich Donnerstag, dem 10. Juni im "toZomia" im neuen Sonnwendviertel beim Hauptbahnhof zu sehen ist - Wohnblock "Gleis 21", Bloch-Bauer-Promenade 28. Geöffnet ist von 10h bis 22h.
Frauen reden darüber, Männer leiden für sich

Ausstellung über die Liebe in der Kunst, das wussten beide, die hat es bereits zur Genüge gegeben. Das Thema holen Kuratorinnen heute nun meistens nur mehr hervor, wenn ihnen kein anderes mehr einfällt. Wezdenka und Manß aber wollen keine Werke akademischer Künstler oder popkultureller Heroen zeigen, sondern Dinge, die beim jeweils Verlassenen, dem Trauerträger zurückblieben. Dazu eine Beschreibung, kurz oder auch ausführlich, die dem Besucher den Gegenstand erklärt. Oft erklärt er auch die Liebe, die da war. Und ein bisschen auch ihr Scheitern.
"Wir haben das Thema letzten Sommer im Freundeskreis zu streuen begonnen", berichtet Wezdenka, "und dieser Freundeskreis hat das Ganze dann über die Sozialen Medien in die Welt getragen, sodass wir am Donnerstag rund fünfzig Hinterlassenschaften diverser Liebesbeziehungen zeigen können." Im Freundeskreis gestreut? Besteht da nicht die Gefahr, dass alle Exponate aus einer sehr bildungsbürgerlichen Schicht kommen? Dass da nicht nur jene beitragen wollen und können, die über ausreichend Worte verfügen, ihren Liebeskummer auch zu artikulieren? "Es ist natürlich so", sagt Christoph Manß, "dass zuerst die schreiben wollen, die sich das auch zutrauen. Aber wir haben dafür gesorgt, dass nicht nur ein Milieu beisteuert. Wenn es weniger Worte gibt, sind die Artefakte dann umso gewaltiger."

Rückwirkende Ratschläge und Tränen beim Lesen
Wie war die eigene Befindlichkeit beim Lesen der beigesteuerten Beschreibungen, die die oft banalen Gegenstände erst erklären? "Oft will man rückwirkend dann einen Ratschlag geben", sagt Manß, der auch Psychologie studiert hat, "denn man erkennt gewisse Muster, in die die oder der Betroffene wohl wieder hineinkippen wird. Aber das ist dann doch nicht unsere Aufgabe." "Bei manchen Briefen kamen mir schon die Tränen", erzählt Wezdenka, "weil man sich natürlich an eigenen Kummer erinnert. Aber es ist in der Ausstellung auch gut zu erkennen, wie sehr die Zeit dann doch das Leid geringer macht oder ganz verfliegen lässt. Das liest man vor allem in jenen Berichten, die von einem Scheitern erzählen, das schon einige Jahre zurückliegt. Die sind oft kurz und genau und erzählen auch von der Freude, dass diese Liebe da war."
Was sollen die Besucher aus dieser Ausstellung mitnehmen? "Vielleicht", sagt Manß, "dass sich auch aus persönlichen Gefühlen Kunst gießen lassen kann, dass wir alle Schaffende und soziale Skulpturen sind."