Es soll schon vorgekommen sein, dass einer ins Salzburger Domquartier hineingegangen und nie wieder herausgekommen ist, weil er vor lauter Schauen in den Sammlungen die Zeit vergessen hat. In Wien würde man das "Schmäh" nennen - in Salzburg hat es Anspruch auf die reine Wahrheit. So halbwegs, wenigstens.
Ob bei Schnürlregen oder bei Sommerhitze und überhaupt bei jedem Wetter ist das Domquartier ein Muss. Es ist nämlich ein Erlebnis auf zwei Ebenen: Auf der ersten sind die Prunkräume, die für sich den Atem nehmen. Allein der Blick von der Orgelempore in den Dom wäre schon unüberbietbar. Auf der zweiten Ebene sind die Ausstellungen, mustergültig aufbereitet, schön anzusehen, die Animationen und interaktiven Möglichkeiten frei vom Schnickschnack, mit dem sonst so viele Häuser ein Publikum anzusprechen glauben, das a priori an den Themen wenig Interesse hat. Im Domquartier ist man von der überragenden Qualität der Exponate überzeugt und kann auf modische Zutaten verzichten.
Der Heilige Nepomuk
und seine Verehrer

Die aktuelle Ausstellung "Johannes Nepomuk - Salzburgs Fünf-Sterne-Patron" anlässlich des 300-Jahr-Jubiläums seiner Seligsprechung zeigt wunderbare Objekte, in denen sich naive Gläubigkeit mit höchster Kunstfertigkeit verbindet. Nepomuk als Brückenheiliger aus der Zeit um 1750 ist das herausragende Objekt einer Schau, die mit Skulpturen, Gemälden, Stichen und vielem mehr weniger das Leben des Heiligen nachzeichnet als die Verehrung, die ihm entgegengebracht wurde.
Seit dem von der Corona-Pandemie destabilisierten Vorjahr läuft die Ausstellung "Überall Musik! - Salzburg als ein Zentrum europäischer Musikkultur 1587-1803", die nichts an Reiz verloren hat. Die 53-stimmige Riesenpartitur der "Missa Salisburgensis" von Heinrich Ignaz Franz Biber überwältigt auch dann, wenn man ein Laie in Sachen Notenlesen ist. Wolfgang Amadeus Mozarts zeigen, dass auch der jugendliche Komponist seine Werke im Kopf fertigstellte und ohne Korrekturen niederschrieb. Und da sind auch die Installationen, die von hohem Schauwert sind - der Versuch, Musik optisch umzusetzen, ist hier gelungen. Eine Ausnahme!
Unbedingt Zeit einplanen für die Kunst- und Wunderkammer und das Museum St. Peter, das religiöse Kunst ausstellt - der Atheist betrachtet die Objekte als meisterhafte Kunstwerke; es bedarf keiner Gläubigkeit, um den Könner zu würdigen, der bei den Cettos, der Wachsschnitzerei, die einzelnen Blätter eines Baumes herausgearbeitet hat.
Die Prunkräume des fürsterzbischöflichen Palais‘ stehen als Raumerlebnisse für sich. Eine vergleichbare Prachtentfaltung findet sich sonst nur noch in Schloss Schönbrunn. Und es bedarf schon eines übergenauen Blicks, um zu merken, dass die Künstler des Fürsterzbischofs hie und da in Details eine Nuance gröber arbeiteten als ihre Kollegen am kaiserlichen Hof zu Wien. Doch genau solche Kleinigkeiten sind es, die eine besondere Schaulust verursachen.
Mag der Besucher des Domquartiers auch den Weg hinaus finden - sein Geist bleibt doch lange noch bei dem Geschauten.