Ohne ihn könnte man sich die Ausstellung hier gar nicht anschauen (denn ohne ihn GÄB’S nicht einmal ein Hier), und trotzdem bemerkt man ihn in der Regel nicht, obwohl er permanent da ist, ständig um einen herum, sich aber eben meistens im Hintergrund hält, sich dort scheu herumdrückt. Mara Novak macht ihn nun zum Motiv, zum Objekt der künstlerischen Auseinandersetzung: den Ausstellungsraum.

"Duct Tape Love Affair" ist so etwas wie eine romantische Liebeserklärung (okay: KONZEPTUELL romantisch), nämlich an den Bildraum 07 der Bildrecht GmbH (07 wie "siebenter Bezirk"). Und wie der Titel bereits ausplaudert, kommt jede Menge Klebeband ("Duct Tape") zum Einsatz. Zusammen mit dem vielen rohen, locker verstreuten und mitunter lasch angelehnten Schaumstoff, mit dem die Örtlichkeit quasi möbliert ist (und der teils tatsächlich in Möbeln Verwendung findet, als Sofa-Innerei), mag der erste Eindruck vielleicht nicht der beste sein, alles eher improvisiert, fast schlampig wirken, billig. Lässt man sich freilich vertrauensvoll darauf ein, erkennt man bald, wie gefinkelt und komplex das Ganze in Wahrheit ist, das mehr ist als die Summe seiner unvollkommenen Teile.

Die Kamera betrachtet sich selbst

Schaumstoff, Klebeband, Fotopapier und Mara Novak: Die Künstlerin gesellt sich zu ihrem Werk. 
- © Eva Kelety

Schaumstoff, Klebeband, Fotopapier und Mara Novak: Die Künstlerin gesellt sich zu ihrem Werk.

- © Eva Kelety

Um sich ein Bild vom Bildraum zu machen (oder mehr als nur eines), hat ihn die Kärntnerin (1987 in Wolfsberg geboren), die inzwischen in Wien wohnt, zunächst geschrumpft, also ein Modell gebastelt (im Maßstab 1:10), das sie daraufhin als Camera obscura genutzt hat. Als Lochkamera. Eigentlich ein primitives Gerät, um die Außenwelt einzufangen (seitenverkehrt und auf dem Kopf stehend).

DIESE "dunkle Kammer" ist allerdings keine simple Box mit Loch, sondern eine Doppelkammer, ist der Raum im Bildraum doch zu zweit, weil er sich in einen, dank der großzügigen Fensterfront, extrovertierten, geradezu exhibitionistischen vorderen Bereich gliedert und in einen intimeren rückwärtigen. (Logischerweise hat der maßstabsgetreue Nachbau keine Fenster. Bloß Fenster-NISCHEN. Sonst wäre das schließlich eine "Camera clara", eine HELLE Kammer.)

Innen mit lichtempfindlichem Fotopapier auskleiden oder auf ein solches draufstellen, und mindestens genauso wichtig sind die diversen Farbfilter vorm Loch bzw. vor den Löchern. Damit Licht und Raum zu sinnlichen Farbenspielen verschmelzen, zur diffusen pittoresken Abstraktion.

Der Schaumstoff steht auf die Decke

Blassrosa, Lila, Türkis, Rot, Grün fließen malerisch ineinander, der Grundriss zeichnet sich klar ab, grenzt sich scharf ab gegen das totale Schwarz, und manchmal spechteln die weißen Atelier-Fliesen von draußen rein. Die flachen Raumprojektionen wiederum werden "verräumlicht", überlagert, gefaltet, Fragmente werden zu "Display Sculptures", Wand- und Bodenobjekten, kriegen vielfach eine architektonische Rahmung, die wie ein Echo Formen des Galerieraums wiederholt. Nicht zuletzt reagiert der flexible Schaumstoff in dieser ortsspezifischen Installation auf die Rundungen und Kanten, greift die Wölbungen der Decke auf.

Eine intime Kapelle: zur Anbetung des Raums? Aus Mara Novaks "Duct Tape Love Affair". 
- © Eva Kelety

Eine intime Kapelle: zur Anbetung des Raums? Aus Mara Novaks "Duct Tape Love Affair".

- © Eva Kelety

Die Grenzen zwischen den Realitäten und Dimensionen verwischen überall, der Ort spiegelt sich im Glas vor seinem Abbild. Und der Herstellungsprozess ist integraler Bestandteil der Inszenierung. So kleben immer irgendwo irgendwelche Filterplättchen. (Wenn sie sich nicht sauber zur "Schmetterlingssammlung" ordnen.) Sogar die lyrischen Titel der einzelnen Arbeiten gehen auf diese bunten Dinger zurück. ("Loving Amber", "Spring Yellow", "Waterfront Green" . . .) Und wann kann man schon einen Raum von außerhalb betrachten, während man sich zugleich in ihm befindet?