Jüdische Künstler zeigen ein protestantisches Stück vor der katholischen Kirche in der erzkonservativen Stadt Salzburg - und legen damit den Grundstein für Festspiele, die bis heute, mehr als 100 Jahre später, weltweit Geltung haben.
Die Rede ist von den Salzburger Festspielen, deren Gründungsväter Max Reinhardt und Hugo von Hofmannsthal aus jüdischen Familien stammen, dem Paradestück "Jedermann", das auf dem angelsächsischen Mysterienspiel "Everyman" beruht, alljährlich vor dem Salzburger Dom vorgeführt wird und immer noch für Gesprächsstoff sorgt, siehe: Frisur und Busen der Buhlschaft.
Über die Galionsfiguren Reinhardt und Hofmannsthal hinaus, ist jedoch viel zu wenig bekannt, wie viele Künstlerinnen und Künstler sowie Mäzene jüdischer Herkunft mitgewirkt haben, um 1920 die Salzburger Festspiele ins Leben zu rufen und aufzubauen.
Die Ausstellung "Jedermanns Juden. 100 Jahre Salzburger Festspiele" erinnert nun im Jüdischen Museum Wien an dieses bisher kaum beleuchtete Kapitel österreichisch-jüdischer Geschichte. Sorgfältig kuratiert von Marcus G. Patka und Sabine Fellner entsteht im weitläufigen Ausstellungsraum ein eindrückliches Bild, wie prägend jüdische Künstlerinnen und Künstler für die Avantgarde der Zwischenkriegsjahre waren und welche Spuren sie in Salzburg hinterließen. Ausgestellt sind etwa visionäre Bühnenbildentwürfe des Architekten Oscar Strnad, sowie Stummfilmaufzeichnungen von Auftritten der Tänzerin Grete Wiesenthal, die ebenfalls in Salzburg gastierte. Fotos erinnern an die Auftritte von Dirigent Bruno Walter, der seine Karriere bei Gustav Mahler begann und die zu ihrer Zeit berühmten jüdischen Opern-Sängerinnen Rosette Anday, Claire Born und Elisabeth Schumann.
Schicksalshaft
Das NS-Regime wird anhand einiger Fotos und Plakate dokumentiert, man sieht etwa die zerstörte Synagoge. Wie ein roter Faden zieht sich indes die Lebens- und Exilgeschichte Max Reinhardts durch die Ausstellung, die übrigens in Kooperation mit den Salzburger Festspielen und dem Salzburg Museum entstanden ist, in der vorjährigen Landesausstellung "Großes Welttheater - 100 Jahre Salzburger Festspiele" gestaltete das Jüdische Museum bereits einen Raum. Dieses Projekt wurde nun in Wien um die Exiljahre Reinhardts und die Salzburger Nachkriegsfestspiele erweitert. Dabei wird etwa an Heimkehrer wie Hans Jaray und Berthold Viertel erinnert, oder das Schicksal des Schauspielers Ernst Deutsch: Nach dem Exil spielte er 15 Jahre lang den Tod in "Jedermann" neben dem NS-belasteten Attila Hörbiger.
Aus Reinhardts New Yorker Zeit sieht man etwa Plakate, Fotos und sogar einige filmische Ausschnitte, auch sind Objekte aus seinem täglichen Leben ausgestellt - wie seine Brille und die letzte Zigarre aus seinem Besitz, der Theatermacher starb 1943 an einem Schlaganfall.